Lassen sich Gehirnleistungen durch Meditation steigern?
Viele, die Meditation zur Entspannung ausprobieren, scheitern an der Ausdauer, die dazu nötig ist. Nun hat eine aktuelle Studie eine Meditationsform untersucht, die schnell zu messbaren Erfolgen führt. Wir haben einen Presseartikel der Universität von letzter Woche übersetzt, der am Ende auch den Nachteil (?) nennt – man muss es regelmäßig praktizieren:
Manche Menschen brauchen ihre gewohnte Menge Kaffee oder andere chemische Leistungsverstärker, um ihre geistige Fitness zu steigern. Aber eine neue Studie, die jetzt veröffentlicht wurde, zeigt, dass eine kurze Meditationsübung die gleiche Wirkung haben kann.
Schon frühere Untersuchungen mit Neuroimaging-Methoden haben gezeigt, dass Meditationstechniken deutliche Veränderungen in den Gehirnregionen bewirken können, die an der Konzentration beteiligt sind. Aber bis jetzt ging man immer davon aus, dass dieser Effekt ein ausgiebiges Training voraussetzt. Einerseits würden Viele gerne geistig fitter werden. Andererseits schreckt Leute die Disziplin eines Mönches ab, die das erfordert, ebenso wie der damit verbundene Zeitaufwand und die finanziellen Kosten.
Daher überrascht es, dass die positiven Auswirkungen vielleicht auch ohne einen derart großen Aufwand zu erreichen sind. Obwohl es fast wie die Werbung für eine Wunderdiät klingt, zeigt die neue Studie, dass sich der Geist vielleicht einfacher als gedacht trainieren lässt. Psychologen haben die Wirkung einer Meditationstechnik, der sogenannten Achtsamkeitsmeditation, untersucht und beobachtet, wie Studienteilnehmer nach einem Meditationstraining deutlich verbesserte geistige Fähigkeiten zeigten. Nach einem nur viertägigen Training von je zwanzig Minuten schnitten die Teilnehmer in kognitiven Tests erheblich besser ab als eine Kontrollgruppe, die nicht meditiert hatte.
„Unsere Testergebnisse sind durchaus vergleichbar mit denen anderer Studien nach weitaus umfangreicheren Trainingsprogrammen”, sagt Dr. Fadel Zeidan, ein Postdoctoral Fellow an der Wake Forest University School of Medicine. Der Psychologe hat an der University of North Carolina in Charlotte in den USA promoviert, wo die Studie durchgeführt wurde.
„Ehrlich gesagt, wir waren überrascht vom Ausmaß der Verbesserungen, die wir nach nur vier Tagen Meditationstraining beobachtet haben”, sagt Zeidan. „Das zeigt, wie leicht man das menschliche Denken verändern und beeinflussen kann, besonders durch Meditation.“
An der Studie nahmen 63 Studenten als Freiwillige teil, davon 49 bis zu ihrem Ende. Die Teilnehmer wurden nach dem Zufallsprinzip in zwei etwa gleich große Gruppen eingeteilt. Eine Gruppe erhielt das Meditationstraining, während die andere gleich viel Zeit damit verbrachte ein Hörbuch („Der kleine Hobbit” von Tolkien) zu hören.
Zu Beginn und am Endes des Meditations- bzw. Hörprogramms testeten die Forscher Stimmung, Gedächtnis, visuelle Aufmerksamkeit, Aufmerksamkeitsverarbeitung und Wachsamkeit der Teilnehmer im Labor.
Bei der ersten Untersuchung hatten beide Gruppen ähnlich gute Testergebnisse. Die Stimmung der Teilnehmer verbesserte sich nach dem Programm sowohl in der Meditations- als auch in der Vorlesegruppe. Aber eine deutliche Verbesserung geistiger Funktionen war nur bei der Meditationsgruppe zu erkennen, die in all diesen Tests durchgängig bessere Durchschnittswerte erzielte als die Vorlesegruppe. Für eine Aufgabe mussten die Teilnehmer länger etwas im Gedächtnis behalten und sich dabei auf etwas anderes konzentrieren, bevor es später abgefragt wurde. Bei diesem schwierigen Test erreichte die Meditationsgruppe sogar zehnmal bessere Ergebnisse als die Vorlesegruppe.
„Die Meditationsgruppe war vor allem bei den geistigen Tests besser, wo es auf Schnelligkeit ankam”, bemerkt Zeidan. „Bei den Aufgaben, für die die Teilnehmer Informationen unter Zeitdruck, und damit unter Stress, verarbeiten mussten, schnitt die Meditationsgruppe nach ihrem kurzen Achtsamkeitstraining deutlich besser ab.“
Besonders bemerkenswert waren die unterschiedlichen Ergebnisse in einem „computer-adaptierbaren N-Back-Test„. Bei dieser Aufgabe konzentrierte sich die Testperson auf eine Folge von Bildern und musste sich erinnern, ob ein Bild zwei Schritte vorher gezeigt worden war. Bei einer richtigen Antwort erhöhte der Computer die Geschwindigkeit des folgenden Bildes und machte so die Aufgabe noch schwieriger. Hier erreichte die Meditationsgruppe durchschnittlich zehn richtige Antworten hintereinander, während die Vorlesegruppe nur eine schaffte.
„Ergebnisse wie diese, zeigen, dass man keineswegs ein intensives Training braucht, um von Meditation zu profitieren. Die positive Wirkung der Meditation könnte anfangs in einer verlängerten Aufmerksamkeitsspanne bestehen”, sagt Zeidan.
„Es würde sich lohnen, diese Beobachtungen genauer zu untersuchen“, betont er und merkt an, dass man Veränderungen im Gehirn, auf die die Verhaltenstests hindeuten, mit Neuroimagingstudien bestätigen könnte. „Aber schon jetzt zeigt die Studie klar, dass Meditation menschliches Denken modifizieren und so Denkprozesse verbessern kann – vor allem länger aufmerksam und wach bleiben zu können – und das nach nur einer Woche.“
Die Meditationstechnik in dieser Studie war eine verkürzte Variante des „Achtsamkeitstrainings”, das von „Samatha” (Sanskrit für ruhiges Verweilen) abgeleitet ist und auf einer buddhistischen traditionellen Form der Meditation beruht. Die Gruppensitzungen wurden von einem erfahrenen Meditationslehrer durchgeführt.
In ihrem Artikel beschreiben die Autoren die Technik näher: „Die Teilnehmer sollten sich mit geschlossenen Augen entspannen und sich einfach nur auf den Fluss der Atmung an ihrer Nasenspitze konzentrieren. Wenn ihnen zufällig etwas in den Sinn kam, sollten sie es passiv zur Kenntnis nehmen und den Gedanken einfach weiterziehen lassen, indem sie die Aufmerksamkeit wieder auf das Empfinden ihrer Atmung richten.“ Das weitere Training baute auf dieser Grundübung auf und schulte das Körperbewusstsein, die Konzentration und die Achtsamkeit der Teilnehmer gegenüber ablenkenden Einflüssen.
Zeidan vergleicht das kurze Training der Teilnehmer mit einer Art Gehirnjogging, das ihr Bewusstsein auf geistige Betätigung vorbereite.
„Der Meditierende ist entspannt und konzentriert sich auf seinen Atem, sodass er lernt, seine Gefühle zu kontrollieren. Er steigert sein Bewusstsein für die geistigen Prozesse, die gerade ablaufen. Dieser einfache Vorgang ist wie ein Muskeltraining, nur mit dem Gehirn. Die Achtsamkeitsmeditation lehrt den Menschen, von Sinneseindrücken loszulassen, die ihn leicht ablenken könnten, seien es die eigenen Gedanken oder Geräusche aus der Umgebung. Dadurch kann er seine Leistung steigern und Aufgaben besser erledigen.”
„Diese Art des Trainings kann Menschen auf geistige Tätigkeiten vorbereiten, aber diese Wirkung hält nicht unbedingt an”, gibt Zeidan zu bedenken. „Das heißt, man meditiert nicht einfach vier Tage und ist dann fertig – man muss es immer weiter praktizieren.”
Die Studie erscheint in der Aprilausgabe von Consciousness and Cognition. Die Mitautoren Zeidans sind Susan K. Johnson, Zhanna David und Paula Goolkasian von der Abteilung Psychologie der University of North Carolina in Charlotte und Bruce J. Diamond von der William Patterson University. Die Studie war Teil der Dissertation Zeidans, und ihre Ergebnisse werden auf der diesjährigen Tagung der Cognitive Neuroscience Society im April präsentiert.
Quellen:
University of North Carolina, 14. April 2010
Zeidan et al. Consciousness and Cognition, April 2010
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Rubrik: Leistungsfähigkeit
Tags: klinische Studie, Konzentration, Verhaltensforschung