Wo fängt Hänseln und Mobbing in der Schule an?
Eine neue Untersuchung hat festgestellt, dass Hänselei in der Schule und Mobbing unter Geschwistern zu Hause große Ähnlichkeiten haben, auch wenn es dafür bei Jungen und Mädchen recht unterschiedliche Gründe geben kann. In einem Presseartikel, den ich übersetzt habe, meinen die Forscher, dass man Hänselei in der Schule oft schon zu Hause einen Riegel vorschieben könnte:
Kinder, die andere in der Schule hänseln, tyrannisieren wahrscheinlich auch ihre Geschwister zu Hause. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie, die jetzt im British Journal of Developmental Psychology veröffentlicht wurde.
Dr. Ersilia Menesini und ihre Kollegen an der Universita‘ degli Studi di Firenze in Italien untersuchen in ihrer Studie, ob man anhand des Alters und Geschlechts der Geschwister eines Kindes vorhersagen kann, ob es eher zu einem Täter oder zu einem Opfer von Mobbing wird. Außerdem wollten sie wissen, ob es einen Zusammenhang zwischen Mobbing unter Geschwistern und in der Schule gibt.
An der Studie nahmen insgesamt 195 Kinder im Alter von zehn bis zwölf Jahren teil. Alle Kinder hatten einen Bruder oder eine Schwester, die nicht mehr als vier Jahre älter oder jünger waren als sie selbst. Alle Kinder beantworteten in Fragebögen, ob sie in der Schule Opfer oder Täter von Mobbing waren. Dann beantworteten sie die gleichen Fragen über Mobbing zu Hause.
Dr. Menesini sagt: „Wir stellten fest, dass Kinder mit älteren Brüdern die am meisten schikanierte Gruppe waren. Außerdem sagten uns erheblich mehr Jungen als Mädchen, sie würden ihre Geschwister tyrannisieren – die meistens jünger waren als sie selbst. Wahrscheinlich geht es bei dieser Art des Geschwistermobbings letzten Endes um die Aufrechterhaltung einer dominanten Stellung.“
„Allerdings hat bei Mädchen Mobbing vor allem etwas mit einem schlechten Verhältnis der Geschwister zu tun und nicht damit, wer älter ist. Tatsächlich gab es einen deutlichen Zusammenhang zwischen heftigen Streitereien und einem Mangel an gegenseitiger Zuneigung und Mobbing und Gemobbt-Werden unter Geschwistern.“
Die Studie stellte auch einen deutlichen Zusammenhang zwischen Verhaltensmustern des Mobbens und Gemobbt-Werdens zu Hause und in der Schule fest. Geschwistertyrannen drangsalierten auch in der Schule öfter ihre Kameraden, und Opfer von Mobbing zu Hause wurden häufiger zu Opfern in der Schule. Dr. Menesini fährt fort: „Aus unserer Studie lässt sich nicht ableiten, welches Verhalten zuerst kommt. Aber wenn Kinder zu Hause bestimmte Verhaltensweisen entwickeln, wie zum Beispiel ihre Geschwister tyrannisieren, und sie werden nicht gebremst, können sie ihr Verhalten in die Schule weiter tragen.“
Was lässt sich aus diesen Ergebnissen über das Eingreifen bei Mobbing schließen? Um Mobbing unter Geschwistern zu verhindern und einzudämmen, sollten Eltern auf das Verhältnis unter den Geschwistern achten und versuchen, zu vermitteln und eine konfliktgeladene Atmosphäre abzubauen. Das gilt insbesondere, wenn sie ältere Söhne haben und die Geschwisterbeziehung negativ und sehr feindselig erscheint.
Andererseits sollten sich Lehrer mehr um den Zusammenhang zwischen Familie und Schule kümmern, um Mobbing zu verstehen und zu verhindern, dass es auf die Schule übergreift. Mobbing kann schon bei kleinen Kindern anfangen, und man sollte sich stärker bemühen, seine Entwicklung zu Hause zu verhindern und dagegen vorzugehen, um Mobbing und Gemobbt-Werden in der Schule zu abzubauen.
Quellen:
Medical News Today, 3. Dez 2009
British Journal of Developmental Psychology, 2010
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Rubrik: Kinder & Jugendliche
Tags: Aggression, Erziehung, Geschlechterunterschiede, Mobbing, Schule