Wie gefährlich ist die Benutzung von Handys beim Autofahren?
Obwohl Freisprechanlagen zum freihändigen Telefonieren beim Autofahren in Deutschland seit 2001 erlaubt sind, ist nach wie vor umstritten, ob sie die Sicherheit wirklich erhöhen. In Japan zum Beispiel sind sie verboten. Eine aktuelle Studie hat die Sicherheit dieser Anlagen in unterschiedlichen Situationen getestet. Wir haben einen Artikel der spanischen Nachrichtenagentur SINC über die Studie vom März übersetzt, die zeigt, dass es sehr darauf ankommt…
Wissenschaftler mehrerer australischer Universitäten* und der Universität Barcelona haben in einer gemeinsamen Studie die Auswirkungen verglichen, die das Telefonieren auf dem Handy und Alkohol am Steuer auf die Fahrsicherheit haben. In Simulationsexperimenten konnten sie zeigen, dass die Benutzung einer Freisprechanlage oder das Versenden einer SMS die gleiche Wirkung haben wie ein Alkoholspiegel oberhalb der Promillegrenze.
Die Forscher maßen die Reaktionsfähigkeit von Testpersonen am Steuer in Fahrsimulationstests. Zwölf gesunde Freiwillige nahmen zwei Mal im Abstand von einer Woche an den Tests teil, die sich über jeweils zwei Tage erstreckten.
Einmal machten sie die Tests, nachdem sie Alkohol getrunken hatten, und das andere Mal, während sie ein Handy benutzten. Gewohnheitstrinker und Leute, die vor den Tests noch nie Alkohol getrunken hatten, durften nicht teilnehmen.
„Wir führten die Studie in Australien durch und die Teilnehmer waren freiwillige Studenten, die einen Führerschein hatten. Sie mussten ihre Position in der Mitte der linken Fahrspur auf einem Bildschirm bei einer Geschwindigkeit von 60 bis 80 Stundenkilometern halten und jedes Mal bremsen, wenn ein Lastwagen auftauchte“, erklärt Sumie Leung Shuk Man, die erste Autorin der Studie von der Universität Barcelona, gegenüber SINC. Die Ergebnisse der Untersuchung wurden jetzt in dem Fachjournal Traffic Injury Prevention veröffentlicht.
Die Forscher verglichen den Effekt verschiedener Blutalkoholkonzentrationen (BAK) mit den Auswirkungen, die die Benutzung eines Handys hat. Die Ergebnisse zeigten, dass ein Telefongespräch, das höhere geistige Anforderungen stellte, oder das Beantworten einer SMS die gleiche Wirkung hatten wie ein BAK-Wert über 0,5 g/l (oder 0,5 Promille), der Alkoholgrenze in Spanien. Kopfhörer und ein Mikrofon simulierten den Effekt einer Freisprechanlage.
Freisprechanlage fällt beim Test durch
„Bei einer einfachen Unterhaltung über die Freisprechanlage war die Wirkung einem BAK-Wert von 0,04 g/l vergleichbar, was unterhalb der Alkoholgrenze von 0,5 g/l in Ländern wie Spanien und Australien liegt. Wenn aber ein höherer Grad an Aufmerksamkeit erfordert war, schnellte der Testwert hoch auf einen Wert, der 0,7 g/l entspricht, was in beiden Ländern über der Alkoholgrenze liegt, aber unter dem Limit in anderen Ländern wie den USA oder Großbritannien, wo bis zu 0,8 g/l erlaubt ist. Bei der Beantwortung einer SMS entsprach der Wert einem Alkoholspiegel von 1,0 g/l, was in all diesen Ländern verboten ist“, sagt die Wissenschaftlerin.
Zwei verschiedene Arten einer Konversation über eine Freisprechanlage wurden untersucht: erstens eine eher natürliche Konversation, wo sich die Testperson und der Wissenschaftler über ein interessantes Thema unterhielten, wie es Menschen zum Zeitvertreib tun. Die zweite Art von Dialog war spezifischer und geistig anspruchsvoller. Es ging um Fragen wie: „Können Sie eine Fahrt mit dem Auto von Ihrer Arbeit nach Hause schildern?“, oder: „Wie viele Ihrer Freunde haben Namen, die mit einem Vokal anfangen?“
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass auch die Benutzung einer Freisprechanlage im Auto für den Fahrer gefährlich sein kann. Sie sollte erlaubt sein, aber es sind noch weitere Untersuchungen nötig, um sagen zu können, wie sie reguliert sein sollte, und natürlich, damit die Behörden umfassend über ihr Für und Wider informiert sind“, meint die Expertin.
*Die Studie wurde in Australien (wo man links fährt) von Wissenschaftlern der University of Wollongong, der Victoria University, der Swinburne University of Technology, des Institutes for Breathing and Sleep in Melbourne, Australien und der Universität Barcelona durchgeführt.
Quellen:
SINC News Release, 13. März 2013
Leung et al. Traffic Injury Prevention, Nov 2012
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Rubrik: Leistungsfähigkeit
Tags: Prävention, Risikofaktor, Umwelt, Wahrnehmung
Armida
Mai 18th, 2013
Sehr interessante Studio. Ich habe mir im übrigen angewöhnt mein Handy beim Autofahren in der Handtasche zu lassen die auf der Rückbank ist. Viele Anrufe oder Mails können einfach warten bis ich am Zielort eingetroffen bin. Die moderne Technik ist ein Segen aber man fühlt sich doch häufig verpflichtet gleich zu antworten. Früher war man auch nicht immer und überall erreichbar und das Leben hat trotzdem funktioniert.
Ich wünsche schöne Pfingsten.