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Warum helfen Placebos? 

27. Januar 2011

Warum helfen PlazebosNormalerweise verliert der Placeboeffekt seine Wirkung, wenn Patienten wissen, dass sie nur Zuckerpillen bekommen. In einer aktuellen Studie sagten Forscher das den Patienten absichtlich, aber auch, die Placebos gehörten zu einem Ritual, das nachweislich wirksame Body & Mind-Heilmechanismen aktiviert. Der Erfolg war durchschlagend. Wir haben einen Presseartikel von Medical News Toady über die Studie vom Dezember übersetzt, an der Patienten teilnahmen, die sich auf eine Zeitungsanzeige für eine Body & Mind-Studie gemeldet hatten:

Placebos, die keinen aktiven Wirkstoff enthalten, werden häufig als Kontrolle in klinischen Studien über potenzielle neue Medikamente benutzt. Untersuchungen haben gezeigt, dass viele Patienten auf Placebos ansprechen, weil sie glauben, dass der Körper sich selbst heilt, wenn man ein Medikament nimmt und eine positive Geisteshaltung hat. Placebos können auch benutzt werden, um zu testen, ob die Symptome eines Patienten psychischen oder organischen Ursprungs sind.

Ted Kaptchuk, Assistenzprofessor für Medizin an der Harvard Medical School, sagt:

„Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Effekt vielleicht nicht allein auf positivem Denken beruht, sondern dass auch das medizinische Ritual selbst einen deutlichen Nutzen haben könnte. Ich freue mich darauf, das weiter zu untersuchen. Placebos könnten auch dann funktionieren, wenn ein Patient weiß, dass er Placebos einnimmt.“

Traditionell erfordert der Einsatz von Placebos in der medizinischen Forschung einen Betrug, der aber kontrolliert und angemessenen ist. Man schätzt, dass heute fünfzig Prozent aller Ärzte in den USA ihren Patienten Placebos oder „Zuckerpillen“ verabreichen, ohne dass sie es merken. Diese Praxis mag zweifelhaft sein, aber für die meisten von uns ist der Placeboeffekt gleichbedeutend mit der Kraft positiven Denkens. Das funktioniert, weil es den Geist des Menschen verleitet zu glauben, dass er ein wirklich aktives Medikament einnimmt.

Unter dem Placeboeffekt versteht man das Phänomen, dass eine inaktive Substanz den Gesundheitszustand eines Patienten verbessert. Das Phänomen hängt mit der Wahrnehmung und der Erwartung zusammen, die ein Patient hat. Wenn er glaubt, dass die Substanz hilft, kann sie eine Heilwirkung haben. Wenn er sie aber für schädlich hält, kann die Wirkung auch negativ sein, was man als den Noceboeffekt bezeichnet.

Aber was wäre, wenn Patienten wissen, dass sie Placebos nehmen? Wäre positives Denken genug? Kaptchuk und ein Team von Ärzten am Beth Israel Deaconess Medical Center (BIDMC) in Boston wollten es herausfinden.

Für ihre Studie teilten sie achtzig Patienten mit Reizdarmsyndrom (RDS) in zwei Gruppen auf. Die Patienten der Kontrollgruppe erhielten keine Behandlung. Die Patienten der zweiten Gruppe erhielten Placebos, die offen als solche gekennzeichnet waren. Die Patienten sollten die Pillen zweimal am Tag nehmen.

Kaptchuk fährt fort:

“Wir machten es absolut klar, dass diese Pillen keinen aktiven Wirkstoff enthielten, sondern dass die Substanz inaktiv war. Mehr noch, wir ließen sogar das Wort ,Placebo’ auf die Pillenfläschchen drucken. Wir sagten den Patienten, sie müssten noch nicht einmal an den Placeboeffekt glauben. Sie sollten einfach nur die Pillen nehmen.“

Nach drei Wochen hatten fast doppelt so viele Patienten in der Placebogruppe (59 Prozent) wie in der Kontrollgruppe (35 Prozent) das Gefühl, dass sich ihre Symptome gebessert hatten. Eine quantitative Auswertung der Symptome nach gebräuchlichen Messskalen für RDS zeigte, dass die Verbesserungen in der Placebogruppe ähnlich stark waren wie mit manchen der wirksamsten RDS-Medikamente, die derzeit auf dem Markt erhältlich sind.

Der Leiter der Studie und RDS-Experte Anthony Lembo, Assistenzprofessor für Medizin an der Harvard Medical School und am BIDMC, sagt:

„Ich habe nicht geglaubt, dass es klappen würde. Mit war es unangenehm, Patienten ausdrücklich zu sagen, sie sollten Placebos einnehmen. Aber zu meiner Überraschung hat es scheinbar vielen geholfen.“

Die Autoren weisen darauf hin, dass dies eine kleine Studie war, wenn man sie mit vielen anderen Forschungsuntersuchungen dieser Art vergleicht. Aber in Wirklichkeit eröffnet sie einen Dialog darüber, ob Placebos auch dann wirken, wenn ein Patient gründlich aufgeklärt ist. Eine solche Hypothese müsste aber noch in größeren Untersuchungen bestätigt werden, und hoffentlich auf einer viel größeren internationalen Ebene, um die Unterschiede zwischen traditionellen und ganzheitlichen Behandlungsmethoden und ihr Verhältnis zueinander zu berücksichtigen.

Quellen:

Medical News Today, 23.12.10

Kaptchuk et al. PLoS ONE, Dez 2010

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Rubrik: Psychosomatik & Schmerzen
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