Werden wir im Alter glücklicher?
Dies wird heute ein etwas längerer Beitrag, aber ich denke, es lohnt sich. Bei der aktuellen 117. Jahrestagung der American Psychological Association ging es unter anderem um das Thema „Psychische Gesundheit im Alter“. Ich übersetze und fasse die gestrige Pressemitteilung zusammen, in der die APA über die Konferenz berichtet:
„Während immer mehr Mensch über 80 oder 90 Jahre alt werden, ist es ein tröstlicher Befund, dass die meisten Menschen mit zunehmendem Alter glücklicher werden, fassten Forscher ihre Befunde zu dem Thema zusammen.
Susan Turk Charles von der University of California, Irvine, stellte ein „Review“ (d.h. eine Zusammenfassung und Analyse) einer Reihe von Studien zum Thema Altern und Gesundheit vor.
Unter anderem zitierte sie eine Längsschnittstudie, in der drei Gruppen von Versuchspersonen über die Dauer von 23 Jahren beobachtet und verglichen wurden – mit dem Ergebnis, dass sich ihre emotionale Gesundheit signifikant mit dem Alter verbesserte.
In anderen Untersuchungen konnte gezeigt werden, dass ältere Menschen eine bessere Kontrolle über ihre Emotionen bzw. über emotionsauslösende Situationen haben. So sind sie zum Beispiel eher in der Lage, negative und belastende Situationen absichtlich zu vermeiden als jüngere Menschen.
In einer weiteren Studie wurden jüngere und ältere Menschen hinsichtlich ihres Umgangs mit Kritik verglichen, die von anderen Menschen an ihnen geäußert wird. Jüngere Menschen nahmen sich die negativen Kommentare mehr zu Herzen und verlangten zusätzliche Informationen über die Hintergründe der Kritik. Ältere Menschen reagierten in der Regel auf die geäußerte Kritik deutlich gelassener.
Charles interpretiert die Befunde wie folgt: Ältere Menschen werden sich zunehmend bewusst, dass die verbleibende Lebenszeit begrenzt ist, also versuchen sie das Beste draus zu machen, indem sie zum Beispiel Situationen vermeiden, die sie unglücklich machen könnten. Außerdem hatten sie bereits mehr Zeit, die eigentlichen Motive hinter dem Verhalten von anderen zu verstehen, was es ihnen erleichtert, belastende Situationen (wie z.B. persönlicher Kritik) zu bewältigen.
Als ein wesentlicher Faktor für psychische Gesundheit im Alter gilt inzwischen die Qualität der sozialen Beziehungen. Diese beeinflussen sowohl die Art und Weise, in der das Gehirn Informationen verarbeitet als auch die körperlichen Reaktionen auf Belastungen.
So wurde in der Konferenz etwa eine Längsschnittstudie vorgestellt, in der 1.000 ältere Menschen aus Schweden hinsichtlich Demenzerkrankungen untersucht wurden. Die Menschen, die ein „starkes soziales Netzwerk“ hatten, wiesen ein um 60% geringeres Risiko, an Demenz zu erkranken auf, als Menschen mit einem schwach ausgeprägten sozialen Netzwerk.
Wie lässt sich dies alles auf einen Nenner bringen? Man kann die eigene körperliche und psychische Gesundheit im Alter offensichtlich aktiv (im doppelten Wortsinn) beeinflussen und die Chancen stehen nicht schlecht, dass man sich im Alter tatsächlich glücklicher fühlt als in den Lebensphasen zuvor. Das sind doch gar keine so schlechten Aussichten…
Quelle:
American Psychological Association, 7. Aug 2009
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Rubrik: Alter, Glücksforschung
Tags: klinische Studie, soziales Netzwerk, Sozialpsychologie, Verhaltensforschung