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Untreue und Eifersucht: Was sind die Gründe für die Geschlechterunterschiede?

29. Januar 2010

Untreue und Eifersucht - Was sind die Gründe für die Geschlechterunterschiede sMänner und Frauen erleben ihre Sexualität unterschiedlich, was sich auch in der Eifersucht äußert, mit der beide Geschlechter auf sexuelle und emotionale Untreue reagieren. Eine aktuelle Studie zeigt, dass dabei nicht nur die biologische Verschiedenheit sondern auch die individuelle Persönlichkeit und Lebenserfahrung von Menschen eine Rolle spielt. Ich habe einen Presseartikel des Journals vom 26. Januar übersetzt, der die Ergebnisse zusammenfasst:

Als der Gouverneur von South Carolina, Mark Sanford letzten Juni auf frischer Tat ertappt wurde, wie er von einem Rendezvous mit seiner argentinischen Geliebten wiederkam, erklärte er gegenüber der Nachrichtenagentur Associated Press, er hätte sich mit seiner „Seelengefährtin” getroffen. Mit dieser Wortwahl schien er andeuten zu wollen, dass seine tiefe Gefühls- und Gemütsverwandtschaft mit Maria Belen Chapur aus seiner sexuellen Untreue gegenüber seiner Ehefrau Jenny Sanford etwas weniger Niederträchtiges machte.

Dabei verstand der zweimalige Gouverneur nicht, dass die meisten Frauen emotionale Untreue für schlimmer, nicht besser, als sexuellen Betrug halten. Das könnte erklären, warum Hillary Clinton mit Bill Clinton zusammenblieb und sich dem Anschein nach aus seiner sexuellen Affäre mit Monica Lewinsky nicht so viel machte.

Forschungsuntersuchungen haben gezeigt, dass die meisten Männer bei sexueller Untreue viel eifersüchtiger werden als bei emotionaler Untreue. Frauen reagieren umgekehrt, und das überall auf der Welt. Die vorherrschende Theorie besagt, dass dieser Unterschied seinen Grund in der Evolution des Menschen hat: Über lange Zeiträume haben Männer „gelernt“, bei Sex überaus wachsam zu sein, weil sie sich nie absolut sicher sein können, dass sie der Vater eines Kindes sind. Dagegen kommt es Frauen viel mehr darauf an, dass sie einen Partner haben, der zuverlässig die Kinder mit großzieht.

Nun zeigen neue Forschungsergebnisse, dass es auch eine andere Erklärung gibt. Die neue Studie stellt den grundsätzlichen Geschlechterunterschied bei der Eifersucht nicht infrage – sie liefert sogar weitere Beweise für diesen Unterschied. Doch die neue wissenschaftliche Untersuchung zeigt, dass der Unterschied eher auf der individuellen Verschiedenheit von Persönlichkeiten beruhen könnte, die das Ergebnis persönlicher Erfahrungen mit Beziehungen sind, die aber durchaus mit dem typischen Denken beider Geschlechter zusammenfallen können.

Kenneth Levy und Kirsten Kelly, zwei Psychologen von der Pennsylvania State University in den USA, hegten Zweifel an der vorherrschenden evolutionären Deutung, weil manche Männer, wie die meisten Frauen, auffällig mehr unter emotionalem Betrug leiden als unter sexueller Untreue. Warum sollten sie so empfinden? Die Forscher vermuteten, dass es etwas mit Vertrauen und emotionaler Bindung zu tun haben könnte. Manche Menschen – Männer wie Frauen – fühlen sich in einer Bindung an jemand anderen sicherer, während andere ein weniger starkes Bedürfnis nach Beziehungen mit einer engen Bindung haben. Psychologen sehen in dieser zwanghaften Eigenständigkeit eine Verteidigungsstrategie – einen Schutz gegen ein tief sitzendes Gefühl der Verletzlichkeit. Levy und Kelly stellten die Hypothese auf, dass für diese Menschen die sexuellen Aspekte einer Beziehung eher wichtig sein würden als emotionale Nähe.

Ähnlich wie in früheren Studien, die Geschlechterunterschiede bei der Eifersucht untersucht hatten, fragten Levy und Kelly Männer und Frauen, was sie stärker belastet – sexuelle oder emotionale Untreue. Außerdem machten die Teilnehmer noch andere Tests, darunter einen allgemein anerkannten Standardtest für die Art der Bindung in einer Liebesbeziehung.

Die Ergebnisse bestätigten die Hypothese. Levy und Kelly veröffentlichten ihre Studie in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science. Danach ärgerten sich Menschen mit einem losen Bindungsstil – denen ihre Autonomie in Beziehungen wichtiger als Hingabe ist – viel stärker über sexuelle als über emotionale Untreue. Und umgekehrt ärgerten sich Menschen mit festen Bindungen in Beziehungen – einschließlich Männer mit festen Bindungen – viel mehr über emotionalen Betrug.

Nach Meinung der Wissenschaftler deuten diese Ergebnisse darauf hin, dass die psychologischen Mechanismen und kulturellen Einflüsse, die den Unterschieden bei den Eifersuchtsgefühlen beider Geschlechter zugrunde liegen, eine größere Rolle spielen könnten, und dass die Eifersucht von mehr Faktoren bestimmt wird als man bisher dachte.

Indem die Studie die Eifersucht aus der Perspektive der Bindungstheorie betrachtet, unterstreicht sie die Vorteile eines Ansatzes, der differenzierter als frühere Untersuchungen vorgeht, und deutet auf neue Forschungsmöglichkeiten hin. Weiter zeigt sie, dass eine Förderung fester Bindungen eine effektive Methode sein könnte, um die Art von sexueller Eifersucht einzudämmen, die zu Gewalt in der Familie mit beiträgt.

Quellen:

Association for Psychological Science, 26.1.2010

Levy & Kelly, Psychological Science, Dez 2009

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Rubrik: Partnerschaft & Paartherapie
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