Was beeinflusst unser Essverhalten?
In einer aktuellen Studie haben Forscher untersucht, wie man sich gegen Hungerattacken helfen kann und gezeigt, man muss sich seine langfristigen Ziele vor Augen halten und kann dabei ruhig etwas übertreiben. Die Methode funktioniert aber nicht nur bei kulinarischen Versuchungen. Ich habe eine Pressemitteilung des Journals vom 14. 12. 09 übersetzt:
Wie gut ein Mensch einer Verlockung wie zum Beispiel einem großen, süßen Plätzchen widerstehen kann, hängt davon ab, für wie stark er die Bedrohung durch die Versuchung hält. Das zeigt eine neue Studie, deren Ergebnisse im Journal of Consumer Research veröffentlicht wurden. Die Autoren Ying Zhang, Szu-Chi Huang und Susan M. Broniarczyk (alle von der University of Texas in Austin) untersuchten Methoden, mit denen Menschen Essen und anderen Versuchungen widerstehen.
Die Forscher testeten in vier Experimenten das Verhalten von Verbrauchern, die sich einer Versuchung gegenübersahen, die im Widerspruch zu ihren langfristigen Zielen stand. „Ein Mechanismus der Selbstbeherrschung besteht darin, die negativen Seiten der Versuchung zu übertreiben. Wir nennen diese Methode des Widerstands den Prozess der aktiven Umdeutung“, schreiben die Forscher.
So baten die Forscher zum Beispiel in einem Experiment weibliche Testpersonen, den Kaloriengehalt eines großen, süßen Plätzchens abzuschätzen. Der einen Hälfte wurde angeboten, sie könnten das Plätzchen als Dankeschön für ihre Teilnahme an der Umfrage behalten. Der anderen Hälfte wurde das nicht gesagt. Die Ergebnisse zeigten, dass Verbraucherinnen, die sehr auf ihre schlanke Linie achteten, das Plätzchen für kalorienreicher hielten und damit schädlicher für das Erreichen ihres langfristigen Ziels schlanker zu werden.
Ein weiteres Experiment zeigte, dass aktive Umdeutung auch in anderen Situationen helfen kann, mit einem Konflikt der Selbstbeherrschung umzugehen. In einem Experiment mit 93 Schülern eines Colleges stellten die Forscher fest, dass Schüler mit einem guten Notendurchschnitt die Dauer einer bald bevorstehenden Party als länger einschätzten als andere Schüler, d.h. die Party würde sie länger vom Lernen abhalten. Folglich sagten diese Schüler, sie wären sich nicht so sicher, ob sie auf die Party gehen wollten. Allerdings sagten sie das nur, nachdem die Forscher sie an ihre akademischen Ziele erinnert hatten.
Ferner stellten die Autoren fest, dass Reize in der Umgebung wie Poster unterschwellig an die langfristigen Schlankheitspläne von Leuten appellieren konnten und so den Mechanismus der aktiven Umdeutung wachrufen. In einem Experiment betraten weibliche Testpersonen einen Raum, in dem entweder Poster mit attraktiven Fotomodellen oder mit einer Naturlandschaft an den Wänden hingen. „Studienteilnehmerinnen, die Poster mit attraktiven Fotomodellen (als Ziel-Hinweisreize) sahen, schätzten die Kalorien in einem einladenden Drink übertrieben hoch ein, wenn sie meinten, sie würden ihn später noch trinken. Deshalb tranken sie davon auch weniger, als sie ihn tatsächlich angeboten bekamen“, schreiben die Autoren.
Daraus schließen die Autoren, dass „die geistige Deutung einer Verführung verzerrt sein kann, wenn Menschen in einen Konflikt mit ihrer Selbstbeherrschung geraten. Diese verzerrte Deutung und nicht der exakte Eindruck bestimmt, wie viel ein Verbraucher tatsächlich verbraucht. Das hilft ihm, der Versuchung zu widerstehen und sein langfristiges Ziel aufrechtzuerhalten.“
Quellen:
University of Chicago Press, 14.12.09
Zhang et al. Journal of Consumer Research, 2010
Verwandte Artikel:
Wie hängt Bulimie mit impulsivem Verhalten zusammen?
Wie viele Frauen leiden unter Essstörungen?
Was ist der Beitrag der Eltern zum Übergewicht ihrer Kinder?
Weitere Links:
Wie hilft Psychotherapie bei Essstörungen?
Zur Praxis für Psychotherapie in München
Zur Praxis für Psychotherapie in Düsseldorf
Rubrik: Essstörungen
Tags: Binge Eating, Bulimie, klinische Studie, Selbstbild, Verhaltensforschung
Rolf Grießhammer
Dezember 28th, 2009
Bei Science Daily fand ich heute eine neue Studie über die Wirkung von Ghrelin auf das Essverhalten. Ich denke, dass auch die Wirkung solcher Hormone im Rahmen der Psychotherapie berücksichtigt werden sollte. Zumindest erklärt es, warum Hunger übermässig stark oder auch zu schwach wahrgenommen werden kann.
admin
September 17th, 2012
Danke für Ihren Hinweis!