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Verändert Depression die Erinnerung an Schmerzen?

10. November 2009

Leuten, die „gerne“ von ihren Krankheiten reden, unterstellt man oft einen Hang zum Übertreiben. Eine neue Studie zeigt nun, dass Menschen mit Depression körperliche Krankheiten anders wahrnehmen können. Ich habe eine Pressemitteilung zu der Untersuchung, etwas gekürzt, für Sie übersetzt:

Menschen mit Depression erinnern sich an mehr körperliche Beschwerden als sie tatsächlich haben. Das geht aus einer neuen Studie hervor.

Für die Studie ließen Wissenschaftler Fragebögen von 108 Frauen ausfüllen und beurteilten danach den Schweregrad von Neurotizismus (eine allgemeine Veranlagung zu Reizbarkeit, Traurigkeit, Angst und Furcht) und Depression. In den darauf folgenden 3 Wochen vermerkten sie an jedem Tag, ob sie eines aus einer Liste von 15 häufigen körperlichen Symptomen verspürt hatten, darunter Schmerzen, Magen-Darm- und Atembeschwerden.

Nach Ablauf der drei Wochen wurden die Frauen gebeten, aus der Erinnerung heraus zu sagen, wie oft sie jedes der Symptome gehabt hatten. Frauen, die zu Beginn der Studie einen höheren Wert auf einer Skala für Depression hatten, gaben die Häufigkeit ihrer Symptome öfter als zu hoch an.

„Depressive Menschen machten die meisten Fehler, wenn sie sich an ihre körperlichen Symptome erinnern sollten“, sagt der Psychologe Jerry Suls, Professor und Collegiate Fellow an der University of Iowa, in einer Pressemitteilung der Universität. „Sie neigten dazu, ihre Erinnerungen zu übertreiben.“

Wissenschaftler glauben schon lange, dass es einen Zusammenhang zwischen hochgradigem Neurotizismus und übertriebenen Angaben über körperliche Symptome gibt. Aber nach dieser Untersuchung ist Depression die wahrscheinlichere Ursache.

„Seit 30 Jahren vermutet man, dass sich hinter den übersteigerten Schilderungen der Symptome ein Neurotizismus verbirgt“, sagt Suls. „Wir sagen nein – Depression scheint der Hauptgrund zu sein. Wir fanden, dass Menschen mit einem hohen Testwert für Neurotizismus aber einem niedrigen für Depression keine falsche Erinnerung an ihre Symptome haben.“

Die Ergebnisse, die in der Oktoberausgabe von Psychosomatic Medicine online erscheinen, sind deshalb wichtig, sagt Suls, weil die Schilderung eines Patienten von seinen Symptomen eine wesentliche Rolle bei der ärztlichen Diagnose und Entscheidung über die Behandlung spielt.

„Menschen mit Depression und ihre Ärzte sollten häufig auftretende Beschwerden nicht unterbewerten, weil sie auf ernsthafte Gesundheitsprobleme hindeuten können“, sagt er. „Aber wir wissen, dass diese Menschen die Häufigkeit von Symptomen allein aus ihrer Erinnerung heraus oft als zu hoch einschätzen. Daher sollte man die Patienten vielleicht dazu ermutigen, ihre Symptome einfach gleich aufzuschreiben, wenn sie auftreten. Dann haben Patient und Arzt genaue Aufzeichnungen darüber, was passiert ist, und müssen sich nicht auf das Gedächtnis verlassen.“

Quellen:

University of Iowa News Services, 28.10.09

Psychosomatic Medicine

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Rubrik: Depression, Psychosomatik & Schmerzen
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