skip to content

Kann eine Smartphone-App zukünftige Suizidversuche verhindern?

17. Juli 2016

Anhand von Daten des statistischen Bundesamtes kann man nachvollziehen, dass die jährliche Anzahl an Sterbefällen durch Selbstmord seit den 80er Jahren stark zurückgegangen ist. Wo es 1980 noch ca. 18 000 festgestellte Suizide waren, sind es seit dem Jahrtausendwechsel bis heute ca. 10 000 Suizide, und damit immer noch mehr Tote im Jahr durch den Freitod als Opfer von Verkehrsunfällen, HIV-Toten und Drogentoten zusammen. Um Menschen in Notlagen zu helfen, in denen der einzige Ausweg die Beendung des eigenen Lebens scheint, ist es notwendig, diese Notlage zu erkennen und einschätzen zu können. Nun gibt es Hilfe aus dem Bereich der neuen Technologien, die weitere Einblicke in die Entstehung von suizidalen Gedanken und Auslösern für ein dementsprechendes Verhalten geben könnten: eine Smartphone-App fragt prinzipiell gefährdete Personen über den Tag hinweg nach Suizidgedanken.

Eine aktuelle Forschungsarbeit zeigt wie eine Smartphone-App und ein PC-basierter Test dabei behilflich sein können, suizidale Patienten zu erkennen. Forscher der Harvard University entwickeln Technologie-basierte Wege, um Suizid zu verhindern.

Indem Techniken verbessert werden, die zur Bestimmung der Suizidgefahr eines Patienten verwendet werden, hoffen die Forscher die Patienten mit dem größten Risiko zu erkennen. Ihre Arbeit wurde auf dem internationalen Kongress der Royal College Psychiater vorgestellt.

Aktuelle Methoden zur Einschätzung der Suizidgefahr basieren auf Selbstaussagen der Patienten über ihre Erfahrungen, ihrer klinischen Geschichte und einer Einschätzung des mentalen Zustands durch einen Psychiater.

Psychiater wissen darum, dass Patienten nicht unbedingt sagen, was in ihrem Geist vor sich geht, vielleicht, weil sie nicht wollen, vielleicht aber auch aus Angst vor Zwangshospitalisierung, oder auch weil sie unfähig dazu sind diesen Wunsch auszusprechen, weil sie ihn unbewusst vor sich selbst verstecken müssen. Dies kann zu Verzerrungen bei den Aussagen von Patienten führen.

Die technologische Entwicklung einer neuen Smartphone-App kann allerdings beim Erkennen von Hochrisikopatienten helfen.

Diese App fragt in bestimmten und zufälligen Intervallen nach Informationen über suizidale Gedanken und Verhaltensweisen über den Tag hinweg. Diese Informationen werden dann an eine zentrale Datenbasis geschickt und können auf der Suche nach dahinterliegenden Mustern analysiert werden.

Diese Technik ist „ökologisches momentanes Einschätzen“ (ecological momentary assessment EMA) genannt und zielt darauf ab, Echtzeit-Informationen über suizidale Gedanken und Verhaltensweisen zu erfassen und darauf zu verzichten, Patienten im Nachhinein zu solchen Ereignissen zu befragen. Mit dem Sammeln von Echtzeit-Informationen wird die Hoffnung verbunden, dass neue Einsichten über potentielle Auslöser für suizidale Gedanken und Verhaltensweisen gefunden werden können, und ebenso eine Voraussage zukünftiger Suizidversuche möglich wird.

Diese neuartigen Ansätze der Suiziderfassung haben das Potential, die herkömmlichen Methoden der Suizidgefahrerkennung zu verbessern. Dadurch, dass man Einblick in die impliziten suizidalen Assoziationen der Patienten bekommt, kann man Tests kreieren, die schwierig zu fälschen sind und direkt zum Ziel führen.

Durch den Einsatz einer solchen App bekommen wir Einblick in die suizidalen Gedanken und Verhaltensweise der Patienten, wie sie in ihrem Zuhause vorkommen und nicht in einem Labor.

Es besteht Hoffnung, dass man damit neue Einsichten über die Art und Weise gewinnen kann, wie suizidale Gedanken und Verhaltensweisen im alltäglichen Leben der Menschen auftreten und warum sie auftreten.

Die größte Hoffnung dabei ist, zukünftigem Suizid vorbeugen zu können und damit Leben zu retten.

Quelle:

http://www.medicalnewstoday.com/releases/311283.php

Rubrik: Allgemeines, Depression


1 Kommentieren

  1. Stefan
    August 18th, 2016

    Dass eine App so etwas großes und vor allem Existenzielles leisten soll wage ich mal zu bezweifeln. Ich denke, dass in solch extremen Notsituationen nichts geeigneter ist als ein qualifizierter Ansprechpartner, der dann gut damit umzugehen weiß. Also mit dem Fall, nicht mit der App.

Zurück zum Anfang