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Geben Sie manchmal mehr als nötig?

18. August 2017

Und wie hat sich das angefühlt? Ist Geiz wirklich geil? Oder trifft Erich Fromm eine Wahrheit, wenn er behauptet: „Nicht der ist reich, der viel hat, sondern der, welcher viel gibt“? Die folgende Zusammenfassung einer aktuellen Studie aus der Schweiz bringt Licht in die Frage nach den Folgen der Großzügigkeit und kommt zu der erfreulichen Erkenntnis, dass es einen neuronalen Zusammenhang zwischen Geben als selbstlosem Verhalten und Zufriedenheit bzw. Aktivierung des Belohnungssystems gibt. Versuchen Sie es doch gleich selbst, vielleicht können Sie die folgenden Zusammenhänge ja an sich beobachten:

Es ist lange anerkannt, dass großzügiges Verhalten das Ausmaß an Glücklichsein und Wohlgefühl erhöhen, was freizügigen Menschen ein gutes Gefühl macht. Das ist in den Wirtschaftswissenschaften auch als „wohlige Wärme“ bekannt. Doch bis zu der folgenden Studie wurde noch nicht untersucht, welche Mechanismen hinter dem Zusammenhang zwischen Altruismus und Glücksgefühlen wirken:

Die Vorannahme der Studie ist, dass Großzügigkeit nicht notwendigerweise eine intuitive Wahl ist, da jeder selbstlose Akt persönliche Kosten mit sich bringt. Wenn wir etwas für einen anderen tun, geben wir normalerweise etwas von unseren persönlichen Ressourcen wie zum Beispiel Zeit, Energie oder Geld her.

Trotz dieser Kosten entscheiden sich Menschen für großzügiges Verhalten und diese Entscheidung ist wahrscheinlich durch die Motivation, die die „wohlige Wärme“ schafft, erklärt.

Die Schweizer Wissenschaftler machten sich daran, die neuronale Landkarte des Zusammenhangs zwischen großzügigem Verhalten und erhöhtem Glücksgefühl zu untersuchen, welches das erste Vorhaben dieser Art überhaupt war. Andere Studien untersuchten die neuronalen Bahnen von Großzügigkeit und Glücklichsein getrennt und fanden unterschiedliche zuständige Hirnregionen. So wurde Altruismus und großzügiges Verhalten mit Aktivität in dem Gebiet, in dem Temporallappen und Parietallappen im Gehirn aufeinandertreffen, zusammengebracht. Glücklichsein wird mit Aktivität im ventralen Striatum in Verbindung gebracht, das eine wichtige Rolle im Belohnungssystem innehat, indem es uns ein Gefühl von Befriedigung vermittelt, wenn wir einer angenehmen Tätigkeit nachgehen.

In dieser Studie nutzten die Forscher funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI), um die Hirnaktivitäten während großzügigen Verhaltens zu beobachten und untersuchen.

48 Probanden nahmen an dieser Studie teil, von denen alle wöchentlich vier Wochen lang eine Geldsumme auf ihr Konto überwiesen bekamen. Die Probanden wurden zufällig in zwei vergleichbare Gruppen aufgeteilt. In der Experimentalgruppe wurden die Probanden dazu angewiesen, andern gegenüber großzügig zu sein. Sie wurden dazu aufgefordert, öffentlich großzügig zu sein und damit ihre Überzeugung der Idee dahinter zu garantieren. Die Kontrollgruppe sollten ihr erhaltenes Geld zu ihren eigenen Zwecken ausgeben.

Alle Studienteilnehmer sollten das Ausmaß an Glücklichsein jeweils zu Beginn und am Ende des Experiments berichten.

Nach der öffentlichen Bekanntgabe sollten alle Teilnehmer bestimmte Aufgaben erfüllen während sie im fMRI untersucht wurden. Sie wurden aufgefordert, Entscheidungen in Bezug auf großzügiges Verhalten zu treffen, indem sie entschieden, ob sie jemandem ein Geldgeschenk anbieten würden. Zu jeder dieser Entscheidungen wurden die Kosten für sie selbst zusätzlich zu dem Gesamtwert des Geschenks offengelegt. Sowohl der Wert des Geschenks als auch die Höhe der Kosten variierten.

Es zeigte sich, dass die Teilnehmer der Experimentalgruppe mit größerer Wahrscheinlichkeit Geschenke wählten, die besonders großzügig gegenüber den Beschenkten waren und für sie selbst größere Kosten bedeuteten, d. h. sie waren großzügiger und selbstloser als Teilnehmer der Kontrollgruppe.

Ein wichtiges weiteres Ergebnis war, dass alle Studienteilnehmer, die großzügiges Verhalten durchgeführt hatten oder durchgeführt hätten (in der Aufgabenstellung) – egal wie klein – sich selbst am Ende des Experiments als glücklicher einschätzten.

Der Studienleiter folgert: „Man muss kein selbstaufopfernder Märtyrer sein, um sich glücklicher zu fühlen. Es reicht völlig, ein bisschen großzügiger zu sein.“

Die Erfassung der Hirnaktivitäten bestätigten die Hypothesen der Wissenschaftler, dass das ventrale Striatum und die Verbindungsregion zwischen Temporal- und Parietallappen interagieren, wenn man sich großzügig verhält. Ebenfalls war der orbitofrontale Cortex beteiligt, ein Bereich im Gehirn, der mit dem Treffen von Entscheidungen verbunden ist.

Die Studie schließt begeistert, da die Ergebnisse es möglich machen, Großzügigkeit zu verstärken durch den Hinweis auf ein wahrscheinlich glücklicheres Leben.

Es bleiben jedoch viele Fragen offen und es bedarf mehr Forschung und ähnliche Studien, um noch mehr Licht in die Auswirkungen unserer Großzügigkeit zu erhalten.

 

Quelle:             http://www.medicalnewstoday.com/articles/318406.php

Rubrik: Glücksforschung, Hirnforschung


1 Kommentieren

  1. Rainer Schwenkkraus
    Februar 25th, 2020

    Vielen Dank für diesen sehr informativen Beitrag. Die detailierten Hintergründen waren mir so nicht bekannt. Mir viel sofort die Verwandlung von „Ebenezer Scrooge“ aus der Weihnachtsgeschichte ein.

    Herzliche Grüße
    Rainer Schwenkkraus

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