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Werden wir im Alter glücklicher?

15. Juni 2010

Werden wir im Alter glücklicherWenn wir von Menschen in ihren „besten Jahren“ reden, meinen wir das Alter um die Fünfzig. Nun zeigt eine neue Studie, dass gerade in diesem Alter Menschen mit sich und ihrem Leben am wenigsten zufrieden sind. Wir haben einen Artikel aus der New York Times über die Studie von vor zwei Wochen übersetzt, der das Phänomen beschreibt aber nicht richtig erklären kann:

Es kommt unaufhaltsam. Die Muskeln schlaffen ab. Das Gehör und die Augen werden langsam immer schlechter. Wir bekommen Falten und gehen gebückt. Wir können nicht mehr rennen oder noch nicht einmal so schnell laufen, wie wir es gewohnt waren. Körperteile ziepen und schmerzen, die wir vorher nie wahrgenommen hatten. Wir werden alt.

Es klingt zum Bemitleiden, aber scheinbar ist es das nicht. Eine große Gallup-Umfrage hat gezeigt, dass Menschen, egal wie man es betrachtet, mit zunehmendem Alter glücklicher werden, und die Forscher wissen nicht recht warum.

„Es könnte an den sich ändernden Lebensumständen liegen“, sagt Arthur A. Stone, der erste Autor einer neuen Studie, die sich auf die Umfrage stützt, „oder an psychologischen Veränderungen, etwa der Art und Weise, wie wir die Welt sehen, oder sogar an biologischen Faktoren – zum Beispiel der Hirnchemie oder hormonellen Veränderungen.“

Die telefonische Umfrage, die 2008 in den USA durchgeführt wurde, erfasste landesweit 340 000 Menschen im Alter von achtzehn bis fünfundachtzig Jahren, die Fragen über Alter, Geschlecht, aktuelle Ereignisse, persönliche Finanzen, Gesundheit und anderes beantworteten.

Die Teilnehmer wurden auch über ihr „globales Wohlbefinden“ (Zufriedenheit mit dem Leben insgesamt) befragt, das sie auf einer Skala von eins bis zehn einschätzten. Solche Fragen werden von Zeit zu Zeit in Bevölkerungsumfragen gestellt, obwohl sich die Antworten nicht sehr genau auswerten lassen.

Schließlich enthielt die Umfrage sechs Ja-oder-Nein-Fragen: Wie fühlten Sie sich gestern die meiste Zeit des Tages: froh, zufrieden, gestresst, besorgt, ärgerlich, traurig? Die Antworten, so die Forscher, zeigen das „hedonistische Wohlbefinden“ eines Menschen, das heißt die unmittelbare Erfahrung seiner seelischen Verfassung. Es wird daher nicht durch korrigierte Erinnerungen oder subjektive Urteile verfälscht, wie sie die Frage über seine allgemeine Lebenszufriedenheit in einem Menschen wachrufen könnte.

Die Ergebnisse der Studie, die am 17. Mai online in den Proceedings of the National Academy of Sciences erschien, sind gute Nachrichten für alte Menschen und für die, die älter werden. Was ihr Wohlbefinden insgesamt angeht, sind Menschen zu Beginn ihres Erwachsenenlebens recht zufrieden, aber dann machen ihnen offenbar die Alltagsprobleme immer mehr zu schaffen. Sie fühlen sich schlechter und schlechter bis zu einem Tiefpunkt mit fünfzig. Dann wechselt der Trend plötzlich und Leute fühlen sich immer wohler, je älter sie werden. Wenn sie erst einmal die Fünfundachtzig erreicht haben, sind Menschen sogar zufriedener als mit achtzehn.

Die Untersuchung des unmittelbaren Wohlbefindens – des emotionalen Zustands am Vortag – zeigte, dass der Stress ab dem Alter von zweiundzwanzig abnimmt und mit fünfundachtzig am geringsten ist. Die Sorgen bleiben bis fünfzig etwa gleich, nehmen aber danach stark ab. Der Ärger nimmt ab achtzehn kontinuierlich ab. Die Traurigkeit nimmt bis zu einem Höchstwert mit fünfzig zu, nimmt dann bis dreiundsiebzig ab und bis fünfundachtzig wieder leicht zu. Die Freude und Zufriedenheit haben ähnliche Kurven: beide fallen langsam ab, bis wir fünfzig werden, steigen die nächsten fünfundzwanzig Jahre stetig an und gegen Ende wieder sehr geringfügig ab. Aber einen Tiefststand wie in unseren frühen Fünfzigern erreichen sie nie wieder.

Andere Experten zeigten sich von der Untersuchung beeindruckt. Andrew J. Oswald, Professor für Psychologie an der Warwick Business School in England, der mehrere Studien über die Zufriedenheit des Menschen veröffentlicht hat, nannte die Ergebnisse bedeutend und in mancher Hinsicht ermutigend. „Wenn man damit rechnen kann, mit Anfang achtzig zufriedener zu sein als in seinen Zwanzigern, ist das sehr ermutigend“, sagt er. „Und das hängt nicht in erster Linie von irgendwelchen Dingen ab, die in unserem Leben passieren. Dahinter scheint etwas sehr Tiefes und Menschliches zu stehen.“

Laut Dr. Stone, der Professor für Psychologie an der State University of New York in Stony Brook ist, wirft die Studie Fragen auf, die noch näher untersucht werden müssten. „Diese Ergebnisse bilden ein charakteristisches Muster“, meint er, „und man sollte versuchen, es besser zu verstehen. Was ändert sich ab dem Alter von fünfzig und warum?“

Die Studie sollte nicht untersuchen, was Menschen glücklich macht, und die Fragen zur Gesundheit waren nicht spezifisch genug, um Schlussfolgerungen über den Einfluss von Krankheiten oder Behinderungen auf die Zufriedenheit im Alter zu ziehen. Aber vier Möglichkeiten untersuchten die Forscher: das Geschlecht der Befragten, ob sie einen Partner hatten, ob Kinder zu Hause lebten, und ob sie berufstätig waren. „Das sind vier plausible Einflussfaktoren“, sagt Dr. Stone, „aber sie spielen scheinbar keine große Rolle.“

Wenn sich jemand unter fünfzig manchmal niedergeschlagen fühlt, könnte das ein Trost sein. Die Aussichten erscheinen Ihnen jetzt vielleicht etwas trübe, aber sehen Sie das Positive: Sie werden älter.

Quellen:

New York Times Health, 31. Mai 2010

Stone et al. Proceedings of the National Academy of Sciences, Mai 2010

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Rubrik: Alter, Glücksforschung
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