18. Mai 2011
Vor einigen Jahren erweckte der sogenannte Mozart-Effekt großes Interesse in der Öffentlichkeit. Ob Mozart hören wirklich schlau macht, ist bis heute nicht geklärt. In einer neuen Studie verglichen Forscher die Gehirne und geistigen Fähigkeiten von professionellen und Amateurmusikern. Dabei schnitten die Profis deutlich besser ab. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie von Anfang Mai übersetzt, die Musik als eine effektive Form des Gehirntrainings empfiehlt:
Eine neue Untersuchung zeigt, dass die Gehirne von Musikern hoch entwickelt sind, sodass Musiker aufmerksam sind, gerne lernen und dazu neigen das große Ganze zu sehen, sie sind ruhig und verspielt. Frühere Studien haben gezeigt, dass die gleichen Eigenschaften auch Weltklassesportler, Spitzenmanager und Anhänger der transzendentalen Meditation kennzeichnen.
Die neue Studie wurde von Fred Travis, Maharishi University of Management in den USA, Harald Harung, Fachhochschule Oslo in Norwegen und Yvonne Lagrosen, Fachhochschule West in Schweden durchgeführt. Die beobachteten Merkmale sind charakteristisch für eine hohe geistige und Gehirnentwicklung und scheinbar ein Zeichen dafür, dass ein Mensch grundsätzlich das Potenzial hat bei etwas wirklich, wirklich gut zu werden.
18. April 2011
Biofeedback macht normalerweise unbewusste physiologische Vorgänge wie Veränderungen des Blutdrucks sichtbar, sodass Patienten lernen können sie zu regulieren. Eine neue Untersuchung kanadischer Forscher zeigt nun, dass man durch Biofeedback auch lernen kann komplexe Gedankenvorgänge zu steuern. Wir haben die Presseerklärung der Universität von Anfang April übersetzt, die auf die Möglichkeiten des Biofeedbacks zur Behandlung psychischer Erkrankungen aufmerksam macht:
Menschen sehen sich heute im Privatleben wie im Beruf einer wachsenden Zahl von Ablenkungen gegenüber. Nun zeigt eine neue Studie von Forschern der University of British Columbia (UBC) in Kanada, dass Gehirn-Feedback in Echtzeit einem Menschen helfen kann, seine Gedanken besser zu kontrollieren.
Die Studie ist die weltweit erste Untersuchung darüber, wie man mithilfe der fMRT (funktionellen magnetischen Resonanztomographie) die Fähigkeit eines Menschen seine Gedanken zu kontrollieren durch Feedback vom Gehirn in Echtzeit beeinflussen kann. Die Forscher konnten zeigen, dass Feedback von Gehirnregionen, die für höhere Gedankenprozesse wie die Introspektion (Selbstbeobachtung) zuständig sind, einem Menschen hilft seine Gedanken zu kontrollieren und sein „Gehirn zu trainieren“.
20. März 2011
Ob eine Psychotherapie ein Erfolg ist oder nicht, ist normalerweise eine Frage der Einschätzung des Therapeuten und Patienten. Eine aktuelle Studie hat die Gehirnaktivität bei Patienten im Laufe einer Therapie untersucht und zeigt, dass sich das Behandlungsergebnis objektiv messen und quantifizieren lässt. Wir haben die Presseerklärung des Herausgebers der Studie vom Februar übersetzt, deren methodischer Ansatz die Entwicklung verbesserter Therapien erleichtern könnte:
Wie sehen die Veränderungen im Gehirn eines Patienten aus, der auf eine Psychotherapie anspricht? Diese Frage wollte ein Team von kanadischen Psychologen bei Patienten mit sozialen Angststörungen untersuchen. Die Ergebnisse der Studie wurden nun in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science, veröffentlicht.
Soziale Angststörungen sind eine häufige psychische Erkrankung, deren Kennzeichen eine übermächtige Furcht vor sozialen Interaktionen und vor einer Verurteilung durch andere sind. Bei Patienten mit dieser Störung können sowohl Medikamente als auch Psychotherapie effektiv sein. Aber die neurologischen Auswirkungen der Psychotherapie sind weit weniger gut untersucht als die Veränderungen, die Medikamente im Gehirn hervorrufen.
„Wir wollten die Veränderungen im Gehirn beobachten, während ein Mensch eine Psychotherapie macht“, sagt Vladimir Miskovic, ein Doktorand an der McMaster University in Kanada und erster Autor der Studie.
14. Januar 2011
Manche Evolutionsforscher meinen, unser Gehirn wurde im Laufe der Menschheitsgeschichte immer größer, um eine wachsende Anzahl sozialer Interaktionen zu ermöglichen. In einer neuen Studie haben Wissenschaftler Gehirnstrukturen vermessen und gezeigt, dass diese Hypothese zumindest auf eine Gehirnregion des Menschen zutreffen könnte. Wir haben die Presseerklärung der Forscher von vor zwei Wochen übersetzt, deren Ergebnisse zu einer verbesserten Therapie von Krankheiten wie Angststörungen und Depressionen beitragen könnten:
Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Amygdala, eine kleine mandelförmige Struktur tief im Inneren des Schläfenlappens des menschlichen Gehirns, wichtig für ein reichhaltiges und vielseitiges Sozialleben ist. Die Ergebnisse wurden diese Woche in einer neuen Studie in Nature Neuroscience veröffentlicht und ähneln denen früherer Untersuchungen an anderen Primatenspezies, die die Größe und Komplexität sozialer Gruppen bei diesen Spezies verglichen hatten.
29. Dezember 2010
Grübeln und Gedankenkreisen sind klassische Symptome von Depression. Eine aktuelle Studie hat untersucht, wie sich mangelnde Konzentration auf das menschliche Befinden allgemein auswirkt und zeigt, dass Tagträumen (sogar über Angenehmes) auch gesunde Menschen unglücklich macht, egal was sie sonst tun. Wir haben einen Presseartikel vom November aus Medical News Today über die noch laufende Studie übersetzt, an der Besitzer eines Smartphones selbst teilnehmen können:
Menschen sind meistens unglücklich, wenn sie ihre Gedanken schweifen lassen, was wir offenbar 46,9 Prozent der Zeit tun, die wir nicht schlafen. Am glücklichsten sind Menschen, wenn sie Sex haben, Sport treiben oder sich mit anderen unterhalten, schreiben Forscher der Harvard University in einem Artikel, der heute in dem Fachjournal Science erscheint. Am wenigsten glücklich sind wir, wenn wir uns ausruhen, einen Heimcomputer benutzen oder arbeiten. Wir sind die einzigen Tiere auf diesem Planeten, die ausgesprochen viel Zeit damit verbringen, über Dinge nachzudenken, die gar nicht um uns herum passieren. Wir denken über Dinge in der Vergangenheit nach, die in der Zukunft geschehen könnten, oder die wahrscheinlich nie eintreffen werden. Man könnte sagen, Gedankenschweifen ist der Standardmodus unseres Gehirns.
25. Dezember 2010
Der Schlaf ist für Menschen viel mehr als nur eine Ruhepause. Tatsächlich ist beim Schlafen der Energieverbrauch kaum geringer als im Wachzustand. Besonders aktiv ist das Gehirn. Ein aktueller Artikel beschreibt eine wichtige Funktion des Schlafes, die Regeneration des Arbeitsgedächtnisses. Wir haben eine Pressemitteilung des Herausgebers des Artikels vom November übersetzt, der einen kurzen Überblick über dieses Gebiet der Schlafforschung bietet:
Als Menschen verbringen wir etwa ein Drittel unseres Lebens damit zu schlafen. Also muss es zu etwas gut sein, oder? Wissenschaftler haben festgestellt, dass der Schlaf hilft Erinnerungen zu konsolidieren, indem er sie im Gehirn fixiert, sodass wir sie später wieder abrufen können. Nun zeigen neue Untersuchungen, dass der Schlaf die Erinnerungen scheinbar auch reorganisiert, indem er emotionale Details herausgreift und Erinnerungen umgestaltet, damit wir neue und kreative Ideen hervorbringen können, schreiben die Autoren eines Artikels in Current Directions in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science.
21. Dezember 2010
Der Mensch ging erst nach dem Ende der letzten Eiszeit vor etwa 10 000 Jahren zu einer sesshaften Lebensweise über. Das entspricht vielleicht fünf Prozent der Menschheitsgeschichte, und so überrascht es nicht, dass das menschliche Gehirn besser an ein Leben in der Natur als in der Stadt angepasst ist. Wir haben einen etwas längeren Artikel aus Medical News Toady vom November übersetzt, der die Auswirkungen der städtischen Lebensweise veranschaulicht und zeigt, wie die Natur dem Menschen helfen kann, sich geistig-seelisch zu regenerieren:
Wissenschaftler verstehen immer besser, warum das Stadtleben für das menschliche Gehirn eine Belastung ist. Der Zwang, ununterbrochen eine Fülle von ebenso flüchtigen wie verlockenden Reizen verarbeiten zu müssen, kann geistige Prozesse wie Gedächtnis und Aufmerksamkeit so lange überfordern, bis ein Mensch geistig erschöpft ist.
Dr. Sara Lazar, die Leiterin der Arbeitsgruppe Neurowissenschaftliche Untersuchung der Meditation am Massachusetts General Hospital in Boston, deren Arbeit von den National Institutes of Health und dem Center for Disease Control and Prevention finanziert wird, sagt, „auf einer hektischen Straße in einer Stadt ist es wahrscheinlich ein Anpassungsvorteil, wenn ein Mensch eine kurze Aufmerksamkeitsspanne hat.“
15. Dezember 2010
Verhaltenstherapie kann bei Angststörungen sehr effektiv sein, hilft aber nicht allen Patienten. Amerikanische Forscher haben die Gehirnaktivität von Patienten mit Angststörungen untersucht und festgestellt, dass ihr Angstzentrum im Gehirn auf potenzielle Bedrohungen ganz unterschiedlich reagieren kann. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie vom November übersetzt, die helfen könnte, die Verhaltenstherapie für bestimmte Patientengruppen anzupassen:
Ein Hirnscan mit funktionellem MRT (fMRT) reicht aus um vorherzusagen, welche Patienten mit pädiatrischen Angststörungen auf eine „Gesprächstherapie“ ansprechen und keine medikamentöse Behandlung brauchen werden, sagen Neurowissenschaftler vom Georgetown University Medical Center in den USA.
Ihre Studie, die auf der Jahrestagung der Society for Neuroscience in San Diego präsentiert wurde, zeigte, dass Kinder und Jugendliche im Alter von acht bis sechzehn Jahren, die mit Angst reagierten, wenn sie auf einem Bildschirm im fMRT-Scanner fröhliche Gesichter sahen, am wenigsten von einer achtwöchigen Verhaltenstherapie profitierten.
Dagegen stellten die Forscher fest, dass Kinder, die auf ängstliche Gesichter selbst mit Angst reagierten, von der Behandlung profitierten, die auch als Gesprächstherapie bekannt ist.
29. Oktober 2010
Schon in der Antike wurde zwischen drei Grundformen der Liebe (Eros, Philia und Agape – in etwa Sex, Freundschaft und Nächstenliebe) unterschieden. Eine aktuelle Studie hat die Gehirnaktivität von Liebenden untersucht und zeigt, dass neben gemeinsamen „emotionalen“ Gehirnregionen andere mit eher rationalen Funktionen beteiligt sind, je nach dem „Zielobjekt“ der Liebe. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie von letzter Woche übersetzt, nach der Liebe alles andere als ein irrationales Gefühl ist:
Eine neue Studie von Wissenschaftlern aus den USA und der Schweiz zeigt, dass Verliebtsein nicht nur das gleiche euphorische Gefühl hervorrufen kann wie Kokain, sondern auch intellektuelle Gehirnregionen beeinflusst. Außerdem stellten die Forscher unter Leitung von Prof. Stephanie Ortigue von der Syracuse University fest, dass es nur etwa eine fünftel Sekunde dauert, wenn sich ein Mensch verliebt. Für ihre Untersuchung, eine sogenannte Metaanalyse, werteten die Wissenschaftler frühere Imagingstudien an verliebten Menschen aus, deren Gehirnaktivität mit funktioneller Magnetresonanztomographie gemessen wurde.
Ortigue ist eine Assistenzprofessorin für Psychologie und Neurologie am College of Arts and Sciences der Syracuse University in New York.
10. Juli 2010
Nur relativ wenige Leute (15 Prozent), die Kokain „benutzen“, werden auch im Wortsinne „süchtig“. Warum das so ist, bleibt unklar. Mit einer aktuellen Studie sind Forscher aus Frankreich der Antwort einen Schritt näher gekommen, denn sie konnten einen Gehirnmechanismus identifizieren, der bei einem kontrollierten Gebrauch von Kokain eine entscheidende Rolle spielt. Wir haben die Presseerklärung des Instituts zu der Studie von Ende Juni übersetzt, die einen möglichen neuen Ansatz zur Suchttherapie bietet:
Warum werden nur manche Drogenkonsumenten süchtig? Diese Frage haben die Teams von Pier Vincenzo Piazza und Olivier Manzoni am Neurocentre Magendie in Bordeaux (Unité INSERM 862) untersucht. Die Forscher entdeckten, dass der Übergang zur Sucht die Folge einer bleibenden Störung der synaptischen Plastizität in einer entscheidenden Struktur des Gehirns sein könnte. Dies ist der erste Nachweis, dass es einen Zusammenhang zwischen synaptischer Plastizität und dem Übergang zur Sucht gibt.
Die Ergebnisse der Teams vom Neurocentre Magendie stellen die bisherige Vorstellung infrage, dass Sucht durch pathologische Veränderungen im Gehirn verursacht wird, die sich beim Drogenkonsums mit der Zeit entwickeln. Die Ergebnisse zeigen stattdessen, dass Sucht von einer Art der „Anaplastizität” herrühren könnte, das heißt von einer Unfähigkeit des Suchtkranken, die pathologischen Veränderungen auszugleichen, die Drogen bei allen hervorrufen, die sie nehmen.
Die Studie wurde in der Juniausgabe des Journals Science veröffentlicht.