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Machen gewalttätige Computerspiele aggressiv?

3. März 2010

Machen gewalttätige Computerspiele aggressiv sOb es zwischen gewalttätigen Computer- und Videospielen und Aggressionen einen Zusammenhang gibt, der auch ursächlich ist, gilt seit Langem als umstritten. Eine aktuelle Studie zeigt nun, die Spiele können Kinder tatsächlich aggressiv machen, aber nicht sehr. Ich habe einen Presseartikel der Universität von vorgestern übersetzt, in dem die Wissenschaftler Eltern raten, solche Spiele bei sich zu Hause zu verbieten:

Craig Anderson, der Distinguished Professor für Psychologie an der Iowa State University in den USA ist, hat den größten Teil seiner Forschungskarriere den Auswirkungen gewalttätiger Videospiele auf das Verhalten von Jugendlichen gewidmet. Nun sagt er, dass seine neuste Studie, die Auswertung von 130 wissenschaftlichen Untersuchungen an insgesamt mehr als 130000 Kindern und Jugendlichen aus aller Welt, schlüssig beweist, dass gewalttätige Videospiele junge Menschen aggressiv machen und emotional abstumpfen lassen, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht und Kulturkreis.

Die Ergebnisse erscheinen in der Märzausgabe des Psychological Bulletin, einem Journal der American Psychological Association. Sie zeigen, dass das Spielen von gewalttätigen Videospielen ein Risikofaktor ist, der bei jungen Menschen ein verstärkt aggressives Denken und Handeln zur Folge hat und ihrem Einfühlungsvermögen und positiven Sozialverhalten schadet.

„Damit haben wir die letzten Zweifel ausgeräumt, ob die Forschung unabhängig von der Methode – das heißt durch Experimente, statistische Zusammenhänge oder Langzeitbeobachtungen – und unabhängig vom jeweiligen kulturellen Hintergrund der Studie (orientalisch oder westlich) zu den gleichen Ergebnissen kommt”, sagt Anderson, der auch Direktor des Centers for the Study of Violence der Iowa State University ist. „Und das Ergebnis ist, dass gewalttätige Videospiele die Wahrscheinlichkeit für aggressives Verhalten sowohl kurzfristig als auch langfristig erhöhen. Außerdem verstärken sie aggressives Denken und aggressive Gefühle und schaden einem positiven Sozialverhalten.“

An der Untersuchung waren acht Forscher beteiligt, darunter die Doktoranden Edward Swing und Muniba Saleem von der Iowa State University und Brad Bushman, der früher Professor für Psychologie an der Iowa State University war und jetzt an der University of Michigan lehrt. Auch die führenden Videospielforscher Japans – Akiko Shibuya von der Keio-Universität und Nobuko Ihori von der Ochanomizu-Universität – gehörten zum Team, ebenso wie Hannah Rothstein, eine anerkannte Kapazität auf dem Gebiet der Metaanalyse von der City University of New York.

Das Team benutzte Verfahren der Metaanalyse – statistische Methoden zur gemeinsamen Auswertung früherer Studien auf verwandten Forschungsgebieten – um die Auswirkungen gewalttätiger Videospiele auf das Verhalten, Denken und Empfinden von jungen Spielern im Grundschul- bis Oberstufenalter zu untersuchen.

Die Untersuchung schloss auch die Ergebnisse neuerer Langzeitstudien ein, die ebenfalls bestätigten, dass das Spielen gewalttätiger Videospiele ein Risikofaktor ist, der Langzeitschäden verursacht.

„Diese Auswirkungen sind nicht furchtbar groß – sie bestimmen nicht, ob sich jemand einer Gang anschließt oder nicht”, sagt Anderson. „Aber zu vernachlässigen sind sie auch nicht. Sie sind einer der Risikofaktoren für späteres aggressives Verhalten und andere negative Folgen. Und dies ist ein Risikofaktor, gegen den jeder Vater und jede Mutter leicht etwas unternehmen kann – zumindest leichter als gegen die meisten anderen bekannten Risikofaktoren für Aggressionen und Gewalt wie Armut oder die genetische Veranlagung eines Menschen.“

Die Untersuchung zeigte, dass Videospiele Auswirkungen haben, die in orientalischen wie westlichen Kulturen, bei Jungen und Mädchen und in allen Altersgruppen deutlich werden. Obwohl es plausible theoretische Gründe gibt, warum man größere Langzeitschäden bei jüngeren Kindern vor dem Teenageralter erwarten sollte, war ein solcher Einfluss durch das Alter kaum erkennbar.

Die Forscher kommen zu dem Schluss, dass ihre Ergebnisse wichtige Konsequenzen für politische Diskussionen in der Öffentlichkeit haben, darunter für die Entwicklung und Prüfung von Strategien, um die schädlichen Auswirkungen von gewalttätigen Videospielen einzudämmen.

„Was die öffentliche Diskussion angeht, sollten wir jetzt nicht mehr weiter fragen: ,Gibt es reale und ernst zu nehmende Auswirkungen?’ Diese Frage ist beantwortet, und zwar wiederholt”, sagt Anderson. „Jetzt sollten wir den nächsten Schritt machen und eine konstruktivere Frage stellen, nämlich: ,Wie können wir es Eltern leichter machen – im Rahmen ihrer Kultur, Gesellschaft und der jeweiligen Rechtslage – ihren Kindern eine gesündere Kindheit zu bieten?’“

Aber Anderson weiß auch, dass die Erarbeitung und Umsetzung wirksamer neuer politischer Strategien Zeit in Anspruch nehmen wird. Und bis dahin können Eltern viel tun, um ihre Kinder zu Hause zu schützen.

„Genauso wie Sie die Ernährung Ihres Kindes bestimmen, und was Sie ihnen zu Hause zu essen geben, können Sie auch den Inhalt der Videospiele kontrollieren, die sie bei Ihnen zu Hause haben”, sagt er. „Und Sie sollten ihnen auch erklären können, warum bestimmte Spiele zu Hause nicht erlaubt sind – und so Ihre eigenen Wertvorstellungen vermitteln. Sie sollten ihnen beibringen, dass man immer nach konstruktiveren Lösungen für Meinungsverschiedenheiten und Streit suchen sollte.“

Anderson sagt, seine neuste Studie könnte seine letzte Metaanalyse zu gewalttätigen Videospielen sein, weil die Ergebnisse so eindeutig sind. Vor allem in Anerkennung seiner umfangreichen Forschungsarbeiten über die Auswirkungen gewalttätiger Videospiele wurde Anderson 2010 zu einem der drei Distinguished Scientist Lecturers der American Psychological Association gewählt. Im Oktober wird er einen Festvortrag auf der Tagung der New England Psychological Association (NEPA) in Colchester, Vermont in den USA halten.

Quellen:

Iowa State University News, 1.3.10

Anderson et al. Psychological Bulletin 2010

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Rubrik: Kinder & Jugendliche, Mensch & Gruppe
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