Gibt es einen Zusammenhang zwischen Partner kontrollierendem Verhalten und Gewalt in der Beziehung?
Opfer häuslicher Gewalt verschweigen oft ihr Leiden, weil sie resigniert haben, aus falscher Scham oder einer Vielzahl von anderen Gründen. Eine neue Untersuchung zeigt, wie erschreckend häufig Gewalt in der Beziehung ist. Wir haben die Presseerklärung des Herausgebers der Studie von Anfang April übersetzt, für die betroffene Frauen in größtmöglicher Anonymität befragt wurden:
Eine aktuelle Untersuchung zeigt einen Zusammenhang zwischen kontrollierendem Verhalten eines Partners und vermehrter physischer und sexueller Gewalt in einer Beziehung. Die Studie wurde in der Aprilausgabe der Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine, einem Journal aus der JAMA/Archives-Reihe, veröffentlicht. Aber junge Frauen, die Opfer dieses Verhaltens werden, zögern oft, Fragen über Gewalt in ihrer Partnerschaft zu beantworten.
„Es ist bekannt, dass Gewalt in der Beziehung bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet ist“, schreiben Dr. Marina Catallozzi von der Mailman School of Public Health der Columbia University, New York, und ihre Kollegen in der Einleitung ihres Artikels. Um den Zusammenhang zwischen kontrollierendem Verhalten und Gewalt in der Beziehung zu untersuchen, führten die Autoren eine anonyme Umfrage bei Patientinnen einer fortpflanzungsmedizinischen Klinik durch, die von den Frauen selbstständig am Computer beantwortet wurde. Insgesamt nahmen 603 Frauen im Alter von 15 bis 24 Jahren an der Studie teil.
Von den Frauen, die in dieser Studie untersucht wurden, gaben 411 (68 Prozent) an, schon mindestens einmal kontrollierendes Verhalten erlebt zu haben. Dabei nannten 38,1 Prozent nur kontrollierendes Verhalten. Zusätzlich gaben 11,4 bzw. 10 Prozent an, auch Opfer physischer oder sexueller Gewalt geworden zu sein, und 8,6 Prozent hatten alle drei Formen der Gewalt in der Beziehung erlebt.
Die Autoren stellten fest, dass jugendliches Alter (zwischen 15 und 18), spanische Herkunft, Erfahrungen mit häuslicher Gewalt in der Kindheit, eine oder mehrere Schwangerschaften, physische oder sexuelle Gewalt in jüngster Vergangenheit und ungern die Benutzung von Kondomen verlangen alle deutlich mit verstärkt kontrollierendem Verhalten eines Partners assoziiert waren.
Von den Frauen, die kontrollierendes Verhalten angaben, hatten etwa zehn Prozent alle Formen der Viktimisierung erlebt–sexuelle und physische Aggression und kontrollierendes Verhalten eines Partners. Aber manche Arten kontrollierenden Verhaltens waren häufiger als andere. Zum Beispiel gaben 22 Frauen (3,7 Prozent) an, dass ihr Partner von ihnen erwartet um Erlaubnis gefragt zu werden, bevor sie zum Arzt gehen. Achtunddreißig Frauen (6,3 Prozent) gaben an, dass ihr Partner versucht, ihren Kontakt zur Familie einzuschränken. Dagegen gaben 149 Frauen (24,7 Prozent) an, dass ihr Partner sie ignoriert oder gleichgültig behandelt, und 160 Frauen (26,5 Prozent) gaben an, dass ihr Partner versucht, sie am Umgang mit Freunden zu hindern.
„Diese Daten zeigen, dass kontrollierendes Verhalten in Beziehungen von Jugendlichen und jungen Erwachsenen weit verbreitet ist, und sprechen für ein differenziertes Vorgehen bei universellen Vorsorgeprogrammen für kontrollierendes Verhalten“, schreiben die Autoren. „Außerdem können sich die hohen Raten von kontrollierendem Verhalten und der Zusammenhang mit Gewalt in der Beziehung insbesondere bei jungen Leuten darauf auswirken, wie sie solchen staatlichen Vorsorgeprogrammen gegenüberstehen, und wie aufrichtig sie Fragen beantworten. Wenn Ärzte bemerken, dass es einer jungen Frau unangenehm sein könnte ehrlich Auskunft zu geben, sollten sie die Untersuchung noch einmal sorgfältig und in anderer Form wiederholen, um die Identifikation von betroffenen Frauen, ihre Überweisung und Behandlung durch Spezialisten zu verbessern.“
Quellen:
JAMA & Archives, 4. April 2011
Catallozzi et al. Archives of Pediatrics & Adolescent Medicine, April 2011
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Rubrik: Partnerschaft & Paartherapie
Tags: Aggression, klinische Studie, Mobbing, Prävention, Sozialpsychologie