Wie hängen Wohlstand und Zufriedenheit zusammen?
Geld macht nicht glücklich ? Viele würden da wohl zustimmen, im Ernstfall aber doch handeln, als ob sie selber nicht so recht daran glauben. Eine neue Studie amerikanischer Forscher hat diesen Widerspruch untersucht und zeigt, dass er mit unterschiedlichen kurz- und langfristigen Bedürfnissen des Menschen zu tun hat. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Untersuchung vom Dezember übersetzt, die offen lässt, ob es eine Lösung für den Widerspruch gibt:
Eine neue Studie des Wirtschaftswissenschaftlers und Universitätsprofessors Richard Easterlin – nach dem das „Easterlin-Paradox“ benannt ist, und der als Begründer der Glücksforschung gilt – ist die bis jetzt umfangreichste wissenschaftliche Untersuchung, die zeigt, dass ein hohes Wirtschaftswachstum Menschen nicht zufriedener macht.
Bei ihrer Untersuchung am Beispiel von 37 Ländern aus der ganzen Welt, darunter reiche und arme, ehemals kommunistische und kapitalistische, kommen Easterlin und seine Mitarbeiter zu einem bemerkenswert übereinstimmenden Ergebnis: langfristig nimmt das Wohlbefinden der Menschen eines Landes nicht zu, wenn dort das Einkommen steigt.
Im Gegensatz zu Kurzzeitstudien, die einen Zusammenhang zwischen Einkommenswachstum und Zufriedenheit gezeigt haben, untersuchte diese Studie, die in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS) erschien, das Verhältnis von Zufriedenheit und Einkommen in diesen Ländern im Durchschnitt 22 Jahre, mindestens aber zehn Jahre lang.
„Dieser Artikel widerlegt Behauptungen aus neuerer Zeit, dass es einen positiven langfristigen Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Einkommen gibt. Tatsächlich existiert kein solcher Zusammenhang“, erklärt Easterlin, der Professor für Wirtschaftswissenschaften am College der University of Southern California ist.
Easterlin und ein Team von Forschern der University of Southern California beschäftigten sich fünf Jahre mit einer neuen Untersuchung über das Easterlin-Paradox, ein wichtiges ökonomisches Konzept, das Easterlin 1974 mit seinem einflussreichen Artikel „Verbessert Wirtschaftswachstum das Los der Menschheit? Ein paar empirische Beobachtungen“ einführte.
„Vereinfacht besagt das Zufriedenheit-Einkommen-Paradox Folgendes: zu einem bestimmten Zeitpunkt existiert ein positiver Zusammenhang zwischen Zufriedenheit und Einkommen. Das gilt sowohl, wenn man verschiedene Länder untereinander vergleicht, als auch innerhalb eines Landes. Aber langfristig nimmt die Zufriedenheit nicht zu, wenn in einem Land das Einkommen steigt“, erklärt Easterlin, dessen Einfluss eine ganze Teildisziplin der Wirtschaftsforschung geschaffen hat.
Es ist kaum überraschend, dass das Easterlin-Paradox mit seinem weitreichenden Einfluss kritisiert und überarbeitet wurde. Darauf geht Easterlin in seinem neuen Artikel in PNAS ein.
Insbesondere setzt sich Easterlin mit den Ergebnissen anderer Forscher auseinander, die einen positiven Zusammenhang zwischen Lebenszufriedenheit und Bruttosozialprodukt gezeigt haben, und demonstriert stattdessen, dass dies kurzzeitige Effekte von ökonomischem Zusammenbruch und Erholung sind, die nicht lange anhalten.
„Wenn das Einkommen in [bestimmten] Ländern so rasch zunimmt, ist es doch bemerkenswert, dass es keine Umfragen gibt, in denen die deutlichen Verbesserungen des subjektiven Wohlbefindens sichtbar werden, die die große Mehrheit von Ökonomen und politischen Entscheidungsträgern weltweit erwartet“, sagt Easterlin.
Als Beispiele führt Easterlin Chile, China und Südkorea an, drei Länder, in denen sich das Pro-Kopf-Einkommen in nicht einmal 20 Jahren verdoppelt hat.
Dennoch war über diesen Zeitraum sowohl in China als auch in Chile eine leichte, statistisch nicht signifikante Abnahme der Lebenszufriedenheit zu beobachten. Südkorea zeigte zunächst eine leichte, statistisch nicht signifikante Zunahme in den frühen Achtziger Jahren. Aber in vier Umfragen zwischen 1990 und 2005 nahm die Lebenszufriedenheit leicht ab.
„Was schließen wir daraus? Wenn Wirtschaftswachstum nicht der wichtigste Weg zum Glück ist, was dann?“, fragt Easterlin. „Vielleicht müssen wir uns in der Politik gezielter auf dringende persönliche Bedürfnisse konzentrieren, die mit Dingen wie der Gesundheit und dem Familienleben zu tun haben, und nicht mehr immer nur auf die Vermehrung rein materieller Güter.“
Easterlin wurde 2009 mit dem prestigeträchtigen IZA-Preis für Arbeitsmarktforschung geehrt. Easterlins nächstes Buch „Zufriedenheit, Wachstum und der Lebenszyklus“ wird bei Oxford University Press in der Reihe über den IZA-Preis erscheinen.
Quellen:
University of Southern California, 14.12.10
Easterlin et al. Proceedings of the National Academy of Sciences, Dez 2010
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Rubrik: Glücksforschung
Tags: Sozialpsychologie, Umwelt, Verhaltensforschung
sevenjobs
Januar 24th, 2011
das denke ich jeden Tag, wenn ich in einem der sehr reichen Wohnviertel durch die Straßen gehe und in die verhärmten und abgehungerten Gesichter der sehr gut gekleideten Frauen gucke. Glück sieht irgendwie anders aus….