Macht Auswandern glücklich?
Im Jahre 2008 zogen etwa 175000 Bundesbürger aus Deutschland weg, die meisten aus beruflichen Gründen. Etwa gleich viele kamen aus dem Ausland wieder zurück. Eine aktuelle Studie hat die Lebenszufriedenheit von Migranten untersucht und zeigt, dass Menschen in der Fremde nicht unbedingt glücklicher werden. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie von Ende August übersetzt, deren Autor meint, die Vor- und Nachteile für Auswanderer halten sich ungefähr die Waage:
Die Kirschen in Nachbars Garten schmecken nicht unbedingt besser. Das geht aus einer neuen Studie der University of Leicester in England hervor. Ökonomischen Migranten, die auswandern, um mehr Geld zu verdienen, könnte eine Enttäuschung bevorstehen – denn das Streben nach Wohlstand ist nicht gleichbedeutend mit Glück.
Die Studie des Soziologen Dr. David Bartram „ Ökonomische Migration und Glück: Wie das Glück mit dem Einkommen zunimmt – Einwanderer und Einheimische im Vergleich” erschien am 27. August in Social Indicators Research online und wird nächstes Jahr in Druck gehen.
Er wollte herausfinden, ob die Menschen, die wegen eines höheren Einkommens in ein wohlhabendes Land auswandern, dadurch tatsächlich glücklicher werden. Außerdem untersuchte er, ob diese ökonomischen Migranten solch übertriebene Erwartungen an das haben könnten, was sie erreichen, und welche Erfahrungen sie machen werden, dass sie ein paar schwere Enttäuschungen erleben.
Dr. Bartram von der Abteilung Soziologie sagt, „Die Glücksforschung hat gezeigt, dass Menschen im Allgemeinen nicht glücklicher werden, wenn sie mehr Geld verdienen – das heißt Migranten könnten sich irren, wenn sie meinen, dass es ihnen besser gehen wird, wenn sie in ein wohlhabendes Land ziehen können.
„Außerdem habe ich überlegt, ob diejenigen, die sich entschließen, in ein wohlhabendes Land auszuwandern, in dieser Hinsicht anders als die Mehrheit sind – vielleicht werden sie wirklich glücklicher, wenn sie mehr verdienen. Die Studie versuchte also festzustellen, ob wir bei den Folgen des Auswanderns für Migranten in Allgemeinen eher pessimistisch oder optimistisch sein sollten.
„Die Ergebnisse zeigen, dass ökonomische Migranten sehr wohl enttäuscht werden könnten. Ein höheres Einkommen macht Migranten tatsächlich glücklicher, mehr als Einheimische – aber der Zusammenhang ist schwach, auch für Migranten. Außerdem zeigt sich, dass Migranten in Wirklichkeit nicht so glücklich wie Einheimische sind. Der Grund ist wahrscheinlich, dass sie erwarten glücklicher zu sein, weil sie in einem wohlhabenden Land mehr Geld verdienen können– aber wenn sie erst einmal da sind, wollen sie noch mehr: die Ansprüche steigen wahrscheinlich mindestens genauso sehr wie das Einkommen.
„Kurz gesagt, Migranten fällt es sogar nach einer Gehaltserhöhung schwer, mit ihrem Einkommen zufrieden zu sein – so wie uns allen.
“Viele von uns müssen sich den Vorwurf gefallen lassen, dass wir glauben, Geld sei zum Glück wichtiger als es ist – und diese Studie zeigt, dass Migranten in dieser Hinsicht gar nicht so anders sind. Das Leben als Einwanderer in einem wohlhabenden Land kann sehr schwer sein.”
Die Studie untersuchte die Antworten von 1400 Leuten in der World Values Survey (Daten einer bereits existierenden Umfrage über die Lebenszufriedenheit von Menschen weltweit).
Dr. Bartram sagt, die Studie könnte auch dazu beitragen, manche in den Medien geäußerte Befürchtungen und Sorgen von Leuten zu zerstreuen, dass wir von Einwanderern „überrannt” werden: „Es ist eine Tatsache, dass die meisten Menschen auf der Welt nicht in ein wohlhabendes Land wie Großbritannien ziehen wollen: vielleicht verstehen sie, dass Geld nicht das Wichtigste ist, dass Menschen einen hohen Preis bezahlen, wenn sie ihre Familie und ihre Kultur verlassen.
„Vielleicht könnte die Studie auch eine Hilfe für potenzielle Migranten sein, besonders wenn sie die Einkommensperspektiven eines wohlhabenden Landes reizen, dass sie besser verstehen, wie das Leben als Einwanderer in einem wohlhabenden Land wirklich sein würde.”
Quellen:
University of Leicester, 31. Aug 2010
Bartram. Social Indicators Research, Aug 2010
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Rubrik: Glücksforschung
Tags: klinische Studie, Selbstbild, soziales Netzwerk, Sozialpsychologie
Anatoli Bauer
Oktober 22nd, 2010
Meiner Erfahrung nach wandern hier in Deutschland sowieso nur Leute aus, die es hier nicht schaffen einen Job zu bekommen. Sie wandern dann aus einem Land aus, in dem jeder gegen Arbeitslosigkeit abgesichert ist und gehen in Länder, in denen die sozialen Leistungen deutlich niedriger sind als hier. Dort nehmen sie sich einen Job an, in dem sie nach 4 Monaten gefeuert werden und dann sitzen sie zu Hause und verarmen. Natürlich sind solche Auswanderer nicht „glücklich“ aber das werden solche Auswanderer nirgendwo sein.