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Sehen Klaustrophobiker die Welt anders?

3. Juli 2011

Helfen soziale Aktivitäten bei AltersdepressionenMenschen mit einer Klaustrophobie können manchmal recht gut durchs Leben kommen, indem sie zum Beispiel Treppen laufen und nicht Fahrstuhl fahren. Aber ein MRT-Scan kann für solche Patienten zu einem ernsthaften Problem werden. Eine neue Studie konnte nun zeigen, dass die räumliche Wahrnehmung von Klaustrophobikern nicht normal ist. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie vom April übersetzt, die in der Klaustrophobie den Extremfall einer normalen Angstreaktion sieht:

Wir alle bewegen uns in dem Raum in unserer unmittelbaren Nähe wie in einer Schutzblase, die besser als die persönliche Sphäre eines Menschen bekannt ist. Aber die Größe dieser Blase ist nicht bei jedem gleich. Eine neue Studie zeigt, dass Menschen eher zu klaustrophobischen Ängsten neigen, wenn die persönliche Sphäre um ihren Körper herum über die Norm einer Armlänge hinausreicht. Die Studie, die in dem Fachjournal Cognition erscheint, ist eine der ersten, die gezielt die Mechanismen der Wahrnehmung bei klaustrophobischen Ängsten untersucht hat.

„Wir haben festgestellt, dass Menschen, die stärker zu klaustrophobischen Ängsten neigen, übertrieben empfindlich auf Dinge in ihrer unmittelbaren Nähe reagieren“, sagt die Leiterin der Studie Stella Lourenco, eine Psychologin von der Emory University in den USA. „Im Moment wissen wir noch nicht, ob es die verzerrte räumliche Wahrnehmung ist, die die Angst hervorruft, oder umgekehrt. Beides ist möglich.“

Bis zu einem gewissen Grade hat jeder Mensch klaustrophobische Ängste, aber wie stark sie sind, ist von einem zum anderen sehr unterschiedlich. Nach Schätzungen leiden etwa vier Prozent aller Menschen unter einer regelrechten Klaustrophobie, die zu Panikattacken führen kann, wenn Patienten durch einen Tunnel oder im Fahrstuhl fahren. Manche Menschen lassen sich gegen ihre Klaustrophobie ärztlich behandeln.

„Wenn wir die Faktoren besser verstehen, die zu einer Klaustrophobie beitragen, kann das Ärzten helfen, effektivere Behandlungsmethoden gegen diese Ängste zu entwickeln, die einen Menschen sehr behindern können“, sagt Matthew Longo, ein Mitautor der Studie, der als Psychologe am Birkbeck College der University of London arbeitet.

Oft besteht ein Zusammenhang zwischen einer Klaustrophobie und einem traumatischen Erlebnis wie für längere Zeit in einem Fahrstuhl stecken bleiben. „Aber wir wissen, dass manche Leute nach traumatischen Erlebnissen in engen Räumen keine klinische Klaustrophobie entwickeln“, sagt Lourenco. „Deshalb haben wir uns gefragt, ob andere Faktoren eine Rolle spielen könnten. Unsere Ergebnisse zeigen einen klaren Zusammenhang zwischen klaustrophobischen Ängsten und grundlegenden Aspekten der räumlichen Wahrnehmung.“

Neurologische und Verhaltensstudien haben gezeigt, dass wir den Raum, den wir mit ausgestecktem Arm erreichen können, anders behandeln als den Raum, der weiter weg ist. „Es ist eine sinnvolle Anpassung, dass wir uns der Dinge, die unserem Körper näher sind, mehr bewusst sind. So können wir besser von ihnen Gebrauch machen und uns gegen sie verteidigen“, sagt Lourenco. „Genauso ist es eine sinnvolle Anpassung Angst vor Dingen zu haben, die in der vertikalen Dimension zu weit von uns weg sind, denn ein Sturz kann schwerwiegende Folgen haben.“

Nun untersuchen Lourenco und Longo, wie die Spannweite der individuellen Unterschiede bei der räumlichen Wahrnehmung mit Ängsten zusammenhängt. Sie lassen normale Testpersonen, die nicht gegen Klaustrophobie oder Akrophobie (Höhenangst) behandelt werden, unterschiedliche räumliche Distanzen schätzen.

Während Testpersonen mit einem höheren Grad an klaustrophobischen Ängsten horizontale Distanzen unterschätzen, werden vertikale Distanzen von Testpersonen mit stärkeren akrophobischen Ängsten überschätzt. „Eine faszinierende Möglichkeit ist, dass diese beiden Arten von Ängsten die entgegengesetzten Enden eines einzigen kontinuierlichen Spektrums der räumlichen Wahrnehmung sind“, sagt Lourenco.

Quellen:

Emory University, 11. April 2011

Lourenco et al. Cognition, Juni 2011

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Rubrik: Angst- & Panikstörung
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