Wie effektiv ist eine Online-Therapie für Depressionen?
Wer Depressionen hat und nach einem Psychotherapeuten Ausschau hält, kann selbst in einer größeren Stadt Schwierigkeiten haben einen freien Therapieplatz zu finden, weil es zu wenig Therapeuten gibt. Eine Alternative, zumindest zur Überbrückung, bieten seit ein paar Jahren Online-Therapieprogramme. Wir haben eine Presseerklärung vom Juli zu einer aktuellen Studie über die Wirksamkeit zwei solcher Therapieprogramme übersetzt:
Programme zur Online-Therapie von Depressionen können eine positive Wirkung haben, die über die bloße Verbesserung von Depressionssymptomen hinausgeht. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie von Forschern der Australian National University (ANU) in Canberra.
Dr. Lou Farrer vom Centre for Mental Health Research der ANU, das zum College of Medicine, Biology and Environment der ANU gehört, untersuchte die Wirksamkeit der Online-Therapieprogramme MoodGYM und BluePages bei Anrufern des australischen Krisentelefons „Lifeline“. Ihre Ergebnisse zeigten, dass sich die Online-Programme positiv auf eine Reihe von psychischen Problemen auswirkten – nicht nur auf Depressionen.
„Wir stellten fest, dass die Online-Programme bei Anrufern des Lifeline-Krisentelefons nicht nur Depressionssymptome verminderten, sondern auch gefährlichen Alkoholkonsum. Bei Leuten, die die Programme MoodGYM und BluePages benutzten, nahm der Alkoholkonsum deutlich ab“, sagt sie.
Weiter zeigten die Ergebnisse bei Nutzern der Online-Programme einen merklichen Anstieg der Lebensqualität (auf einer Skala, mit der ihre Zufriedenheit in verschiedenen Bereichen des täglichen Lebens gemessen wurde).
„Außerdem stellten wir fest, dass Leute nach der Behandlung besser über Depressionen Bescheid wussten. Das ist äußerst wichtig, damit Leute die Symptome zukünftiger depressiver Phasen besser verstehen und erkennen können.“
Dr. Farrer sagt, dass diese Studie ihre ursprüngliche Untersuchung von 2011 fortführt, in der sie zeigte, dass Depressionssymptome bei Anrufern des Lifeline-Krisentelefons durch die Nutzung von Online-Programmen effektiv reduziert werden konnten.
„Wir arbeiteten mit Lifeline-Zentren in Melbourne, Sydney, Brisbane und an der Sunshine Coast zusammen. Berater des Lifeline-Krisentelefons identifizierten Anrufer, die Symptome von Depressionen oder Ängsten zu haben schienen. Diese Leute wurden dann in verschiedene Gruppen aufgeteilt, die gebeten wurden zwei unterschiedliche Online-Therapieprogramme zu benutzen, MoodGYM und Blue Pages.“
Nach Dr. Farrer zeigen diese Ergebnisse, dass Depressionsbehandlungen auch spürbare Auswirkungen auf andere Bereiche der Gesundheit haben können.
„Wir hatten nicht mit diesen Ergebnissen gerechnet, weil die Programme speziell zur Behandlung von Depressionen entwickelt worden waren. Es ist erfreulich zu sehen, dass diese Programme, indem sie Depressionen lindern, Menschen auch helfen können besser in ihrem Alltagsleben zurechtzukommen“, sagt sie.
„Nun brauchen wir finanzielle Unterstützung, um diese Programme bei Lifeline dauerhaft einzuführen, sodass alle Anrufer von ihnen profitieren können.“
Quellen:
ANU News, 2. Juli 2012 (mit Links zu den Online-Programmen)
Farrer et al. Journal of Medical Internet Research, 2012
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Rubrik: Depression, Online-Therapie, Sucht/Substanzmissbrauch
Tags: begleitende Erkrankung, Drogen, Internet, klinische Studie, Therapieforschung
Katja
September 24th, 2012
Diesen positiven Effekt nutzen auch Psychosomatische Kliniken immer häufiger, die ihren Patienten anbieten, nach dem stationären Aufenthalt eine gewisse Weile weiter online betreut zu werden. Ich denke, daß dieser Ansatz extrem positiv ist, da gerade auch die Integration wieder zurück in den Alltag – meist ja auch in die vorherigen, auslösenden Situationen – eine besondere Herausforderung darstellt. Die Patienten hier aufzufangen, ist bestimmt für den nachhaltigen Erfolg einer stationären Therapie von großem Vorteil.
admin
September 24th, 2012
… bleibt nur zu hoffen, dass bei den Krankenkassen bald ein Umdenken einsetzen möge, damit Onlinetherape erstattungsfähig wird.
webpsychiater
September 30th, 2012
Ich habe längere Zeit versucht, Onlinetherapie in Deutschland den Kassen schmackhaft zu machen, da unser Projekt web4health.info mit Psychotherapeuten aus 5 Ländern sich dazu anbot und wir u.a. Kontakte zu englischen und canadischen Arbeitsgruppen hatten. Aber eine Finanzierung war nicht möglich. Jetzt wird an meiner damaligen Wirkstätte der Leuphana Uni in Lüneburg ein neuer Anlauf gemacht. Mal schauen, was daraus wird. Es soll eine Art Inkubator für Online-Angebote sein.