Wie bedrohlich sind Essstörungen eigentlich für die Betroffenen?
Anorexie zählt unter den psychischen Störungen als die mit der höchsten Sterblichkeitsrate. Im Langzeit-/Lebensverlauf sterben 12 – 15 %an den Folgen der Magersucht. Neben dem Freitod spielen dort besonders die körperlichen Folgen der Erkrankung eine bedeutsame Rolle. Starke Abmagerung, Untergewicht, Herzrhythmusstörungen oder Schädigungen der Niere sind Beispiele für solche physischen Folgen. Dass ein Beginn der Anorexie in der Pubertät, wie es häufig der Fall ist, langfristige verheerende Folgen auf die körperliche Entwicklung haben kann, ist leicht vorstellbar. Wenn man sich diese und die unten aufgeführten Fakten vor Augen hält, ist die Dringlichkeit einer baldmöglichsten professionellen Therapie hoffentlich sowohl für Betroffene, ihre Angehörigen und Verantwortliche in Institutionen (Lehrer, Ärzte etc.) mehr als offensichtlich…
Personen mit einer Essstörung wie beispielsweise Anorexie oder Bulimie haben ein signifikant höheres Risiko, verfrüht zu sterben, im Vergleich mit Personen ohne Essstörung, berichteten englische Forscher in der Zeitschrift Archives of General Psychiatry (Archive der Allgemeinpsychologie).
Jemand, der unter Anorexie leidet, hat ein 5,8 Mal höheres Risiko früh zu sterben verglichen mit gesunden Personen ohne Essstörung. Eine zusätzliche Erkrankung an Bulimie verdoppelt das Risiko eines frühen Todes. Patienten, die in ihren 20ern die Diagnose Anorexie erhalten, weisen ein 18-faches Sterberisiko im Vergleich zu gesunden Personen im gleichen Alter auf.
DieForscher betonen, dass oft nicht klar ist, warum Personen mit Essstörungen früh sterben. Wir wissen, dass ungefähr 20 % aller Toten, die zu Lebzeiten unter Anorexie litten, durch Suizid sterben. In den meisten Fällen kommen die höheren Sterberaten durch die Effekte zustande, die die Essstörung auf den Körper über längere Zeit hat, denn Essstörungen bringen ernsthafte körperliche Folgeerscheinungen mit sich.
Auch wenn Experten noch nicht genau erklären können, warum diese Menschen mit Essstörung sterben, sind sich die Wissenschaftler sicher, dass die Hauptgründe die durch die Erkrankung entstandenen körperlichen Folgen sind.
Die Forscher untersuchten 36 Studien zum Thema der Essstörungen zwischen 1966 und 2010 mit insgesamt 17 000 Personen mit Essstörung, von denen 755 starben. Dabei stellte sich heraus, dass jährlich 0,5 % der Anorektiker starben, was einer Sterberate entspricht, die fünf Mal höher ist als bei gesunden Personen. Bulimie und andere Essstörungen zeigten ein doppelt so hohes Risiko zu sterben.
Obwohl Patienten mit Anorexie zwei Problemebenen haben, die medizinische und die psychologische, tendieren die meisten Behandlungsinstitute dazu, sich nur auf die psychologischen Aspekte der Erkrankung zu konzentrieren.
Ein bedenklicher Anteil der Anorexiepatienten leidet ebenfalls unter einer Zwangserkrankung, Depression oder einer Angststörung, deswegen fordern die Forscher, dass Patienten Hilfe zur Bewältigung aller ihrer Probleme bekommen, auch derer, die über die Anorexie hinausgehen.
Patienten mit Anorexie sind meist mangelernährt. Oft werden sie im Verlaufe der Zeit bulimisch, wodurch ihr Risiko, wieder in die Anorexie zurückzufallen, hoch ist. Letztlich führt dieser Kreislauf der Essstörungen zu einem noch größeren Risiko, zu sterben.
Quelle:
http://www.medicalnewstoday.com/articles/231022.php
Originalartikel:
„Mortality Rates in Patients With Anorexia Nervosa and Other Eating Disorders – A Meta-analysis of 36 Studies”
Jon Arcelus, LMS, MSc, FRCPsych, PhD; Alex J. Mitchell, MRCPsych; Jackie Wales, BA; Søren Nielsen, MD
Arch Gen Psychiatry. 2011;68(7):724-731. doi:10.1001/archgenpsychiatry.2011.74
Rubrik: Essstörungen, Psychosomatik & Schmerzen, Zwangsstörung