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Geht Internetabhängigkeit mit anderen psychischen Belastungen einher?

20. Februar 2015

In den 90er Jahren erforschten Reeves & Nass, zwei amerikanische Medien- und Kommunikationswissenschaftler, ihre breit kritisierte Theorie der „Media Equation“. Sie besagt, dass mediales Leben gleich realem Leben ist und Menschen ihre Computer und technischen Geräte wie andere Menschen behandeln. Sie führten dazu ein Experiment durch, bei dem Probanden mit Hilfe eines PC´s Fakten über amerikanische Popkultur lernen sollten. Nach der Lernphase wurde das neu erworbene Wissen der Probanden getestet und „der PC sollte sich selbst einschätzen“ wie gut er die Fakten vermitteln konnte. Die Antwort des PC´s wurde von den Forschern so programmiert, dass er sich immer als „gut gemacht“ evaluierte. Der bedeutende Teil des Experiments folgte im Anschluss. Die Versuchspersonen wurden im Nachhinein zu einer Einschätzung der Leistung des PC´s gebeten. Der eine Teil der Versuchspersonen sollte diese Fragen an dem PC beantworten, an dem er die Fakten lernte, der andere Teil an einem anderen PC. Dabei kam bemerkenswerterweise heraus, dass die Einschätzungen am „betroffenen“ PC fast ausschließlich gut waren, am anderen PC aber viel bunter gemischt und negativer. Reeves und Nass schlossen daraus, dass Personen unbewusst soziale Konventionen auf Geräte anwenden. Im Folgenden übersetzten Pressebericht geht es um das Thema der Internet- und PC-Spielsucht. Beim Lesen könnte es interessant sein, die Media Equation als Erklärungsansatz im Hinterkopf zu behalten. Vor allem, wenn man bedenkt, dass die häufigsten Internetabhängigen junge Männer sind, die Mehrspieler-Rollenspiele im Netz frequentieren und sich dabei mit ihren Avataren (digitale Repräsentationen/Figuren ihrer selbst) extrem identifizieren.

Chatten über WhatsApp anstelle Freunde im echten Leben zu treffen, Urlaubsfotos über Facebook teilen statt sie sich unter vier Augen zu zeigen, Videospiele spielen anstelle raus zu gehen. Die digitalen Medien spielen eine wichtige Rolle in unserem Alltag. Einige Menschen jedoch verbringen besonders viel Zeit online und schaffen es nicht, sich davon loszureißen.

Wissenschaftler fanden heraus, dass Internetabhängige oft unter weiteren psychischen Erkrankungen leiden, am häufigsten werden Depressionen, Angststörungen und ADHS genannt. Internetabhängige leiden häufig unter weiteren psychischen Erkrankungen, meist Depressionen, Angststörungen und ADHS. Privatdozent Dr. med. Bert te Wildt untersuchte dieses Phänomen an der Ruhr-Universität Bochums LWL Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie.
Das Spektrum der gleichzeitig auftretenden Erkrankungen ist ähnlich dem Alkoholabhängiger.
Der Wissenschaftler aus Bochum erstellte ein sogenanntes Komorbiditätsprofil für 25 Internetabhängige. Jeder Patient zeigte wenigstens eine weitere aufgetretene Erkrankung. Mit seinen Kollegen untersuchte Bert te Wildt zum Vergleich 25 Alkoholabhängige. Ihr Komorbiditätsprofil war ziemlich ähnlich. Allerdings litt nur jeder zweite unter ihnen unter einer anderen Erkrankung. „Diese Ergebnisse zeigen die außergewöhnliche Stellung der Internetabhängigkeit im Bezug auf die Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer Erkrankungen“, sagt te Wildt. Er legt weiterhin dar: „Dies ist keine Einbahnstraße, die Erkrankungen interagieren miteinander.“ In einer anderen Studie fand er Belege dafür, dass bei vielen Patienten die Internetabhängigkeit auf eine ähnliche Persönlichkeitsstruktur zurückgeführt werden kann.
Nach Einschätzungen leiden 500 000 Deutsche zwischen 14 und 64 Jahren unter Internetabhängigkeit. Meist zeigt sie sich in Form von Online-Spiele-Abhängigkeit. Studien von Bert te Wildt´s Team in der Medienambulanz in Bochum legen nahe, dass viele Fälle unentdeckt bleiben.
Wer mehr wissen will, vor allem über die Medienambulanz in Bochum liest hier weiter:

http://www.derwesten.de/region/rhein_ruhr/medienambulanz-in-bochum-soll-bei-internetsucht-helfen-id7154435.html
Ãœbersetzungsquelle:
http://www.sciencedaily.com/releases/2014/10/141002084135.htm
Der Text basiert auf Materialien, die von der Ruhr-Universität-Bochum zur Verfügung gestellt werden. Der Originalartikel wurde von Julia Weiler verfasst.

Rubrik: Kinder & Jugendliche, Medienkonsum, Sucht/Substanzmissbrauch


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