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Einem Kind das Leben geschenkt zu haben, das Schönste überhaupt?

17. Juli 2015

„Was ist ein Kind? Das, was das Haus glücklicher, die Liebe stärker, die Geduld größer, die Hände geschäftiger, die Nächte kürzer, die Tage länger und die Zukunft heller macht!“, heißt es in einem Spruch aus dem Volksmund. „Nur eine Mutter weiß allein, was Lieben heißt und glücklich sein (Adelbert von Chamisso).“ Diese und viele andere weitere Aussprüche zum Thema Mutter, Kind und Geburt idealisieren und setzten somit einen Maßstab, der jede Mutter schnell dazu bringen kann, sich selbst zu hinterfragen. Denn auch ein glücksbringendes Ereignis wie die Geburt eines Kindes ist wie alles Große im Leben gleichzeitig mit schwierigen Momenten und Erlebnissen verbunden. Wie verzweifelt muss eine Mutter erst sein, wenn sie wahrnimmt, dass ihre Seele komplett anders reagiert, z.B. mit Depression oder Ängsten? Wenn folgender Ausspruch von Manfred Hinrich eher passt: „Die Mutter hält ein weltallschweres Kind im Arm“. Der Druck von außen und die Selbstvorwürfe müssen sehr schwer aushaltbar sein, dann wundert es auch nicht, wenn diese Mütter sich schlecht Hilfe holen können. Demnächst werden wir hier zu diesen Themen eine kleine Reihe an Artikeln anbieten, die für Betroffene zur Information, als Anregung, sich Hilfe zu holen, und zur Erleichterung, weil sie damit nicht alleine sind, dienen soll.

Die Krankheitshäufigkeit der postpartalen Depression (PPD)liegt bei 7 – 20 % für Mütter. Aber auch Väter sind betroffen, für die Häufigkeiten von 4 % angegeben werden. Das schwierige ist, dass die Depression sich schleichend entwickelt und dadurch schwer erkannt wird. Häufig wird die Betroffene oder ihre Außenwelt erst durch körperliche Beschwerden aufmerksam. Als Risikofaktoren für die Entwicklung einer PPD sind psychische Vorerkrankungen, psychische Erkrankungen naher Verwandter, traumatische Erlebnisse, belastende Lebenssituationen (z.B. Armut), soziale Isolation und geringe Beziehungsqualität/Unterstützung in der Partnerschaft bekannt. Außerdem kommt erschwerend hinzu, dass eine PPD oft dazu führt, dass Mütter sich keine Hilfe suchen, weder für sich selbst noch für ihr Kind. Es gibt aber zahlreiche Behandlungsmethoden, sowohl pharmakologische als auch nicht-pharmakologische. Allerdings werden die nicht-pharmakologischen Behandlungen wegen der negativen Effekte pharmakologischer Bestandteile in der Muttermilch auf den Säugling vorgezogen. Darunter zählt die kognitive Verhaltenstherapie zu den etablierten, effektiven Methoden. Alternativen sind z.B. Kurzzeitberatung, Telefonseelsorge, Selbsthilfegruppen, Gruppentherapie speziell für Betroffene, sozialpädagogische Betreuung, und natürlich andere Psychotherapieverfahren.

Wie erkennt man eine PPD?

Hier folgt eine ausführliche Auflistung vieler möglicher Symptome:

    • Erschöpfung: Geistige und körperliche Erschöpfung; chronische Müdigkeit; Apathie; Energielosigkeit
    • Antriebslosigkeit, Leere: Schwierigkeit, sich zu etwas aufzuraffen; inneres Leeregefühl; hohler Blick; Unfähigkeit zu weinen; Teilnahms- und Interesselosigkeit; Selbstvernachlässigung, Vernachlässigung des Kindes
    • sexuelle Unlust: Abneigung gegen Berührung und Zärtlichkeit, Schmerzen, mangelnde Lust, verminderter sexueller Genuss.
    • Stimmungsschwankungen
    • Traurigkeit: Pessimismus, häufiges Weinen
    • Mangelndes Selbstvertrauen: Verlust des Selbstvertrauens; Unsicherheit
    • Schuldgefühle: Objektiv unbegründete Schuld- und Versagensgefühle; Selbstvorwürfe; Schamgefühle
    • Konzentrationsprobleme: Unfähigkeit, sich zu konzentrieren; zwanghaftes Grübeln
    • Appetitstörung: Appetitlosigkeit oder übermässig gesteigerter Appetit
    • Schlafstörung: Schwierigkeiten beim Einschlafen und/oder Durchschlafen, Früherwachen am Morgen. Die Schlafstörung kann entweder durch die häufigen Schlafunterbrechungen durch das Baby, durch die permanente Anspannung tagsüber oder durch die Depression selbst verursacht werden.
    • Ängste, Panikattacken: Extreme Sorge um das Kind; Angstzustände; Angst, verrückt zu werden, die Kontrolle zu verlieren, körperlich krank zu sein oder zu sterben; Panikattacken, die von körperlichen Symptomen begleitet sein können wie Atemnot, Beklemmung oder Schmerzen in der Brust, Schwindel, Kribbeln in Händen und Füssen, Zittern, Schweissausbrüchen, Schauern oder Ohnmacht.
      Angststörungen können auch unabhängig von einer Depression auftreten. Für die Behandlung ist es wichtig, dass die Fachperson abklärt, ob es sich um eine reine Angststörung handelt oder ob sie die Folge einer Depression bzw. die Depression eine Folge der Angststörung ist. Die meisten depressiven Zustände treten zusammen mit Ängsten auf.
    • Zwangsgedanken: Wiederkehrende quälende und destruktive Gedanken oder drängende Impulse, z.B. sich selbst und/oder dem Kind etwas anzutun. Im Gegensatz zu gesunden Frauen, die ebenfalls manchmal spontan solche Gedanken haben, können Frauen mit Zwangsgedanken sich nicht mehr davon lösen. Anders als bei den Wahnvorstellungen bei einer Psychose werden die Zwangsvorstellungen aber nicht in die Tat umgesetzt. Dagegen können sie dazu führen, dass gewisse Handlungen vermieden werden (z.B. Baden des Babys) oder dass gedankliche oder handfeste Rituale entwickelt werden, um die Zwangsgedanken zu verscheuchen.
    • Reizbarkeit: Ungeduld; Reizbarkeit; Aggression; Streitsucht; Gewalttätigkeit; ständige Unzufriedenheit; unkontrollierte Wutausbrüche
    • Sozialer Rückzug: Fehlende Kraft, soziale Beziehungen zu pflegen und Abkapselung aus Angst vor Unverständnis
      Zwiespältige Gefühle dem Kind gegenüber: Zwiespältige, ablehnende oder gar keine Gefühle dem Kind gegenüber, was in der Regel zu starken Schuldgefühlen führt.
    • Selbstmordgedanken
    • Körperliche Beschwerden: Postnatale Depressionen sind oft von psychosomatischen Beschwerden begleitet wie Schwindel, Kopfschmerzen, Herzbeschwerden, Verdauungsstörungen, Magenschmerzen, Muskelverspannungen, Rückenschmerzen, Ãœbelkeit, Hitzewallungen, Benommenheit. Weitere körperliche Beschwerden können bei einer Panikattacke hinzukommen.

Quellen:

Perveen T, Mahmood S, Gosadi I, Mehraj J, Sheikh SS. Therapy for treatment of postpartum depression: A systematic review and meta-analysis. J Pioneer Med Sci. 2013; 3(2):198-204
http://www.postnatale-depression.ch/index.php/de/symptome/32-symptome-der-postnatalen-depression
https://de.wikipedia.org/wiki/Postpartale_Stimmungskrisen

Rubrik: Depression
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