Wie wirkt sich die Stimmung eines Menschen auf seinen Geldbeutel aus?
Für die meisten Leute dürfte ein gewisser Wohlstand zur Vorstellung von einem glücklichen Leben gehören. In einer aktuellen Studie haben amerikanische Forscher untersucht, ob umgekehrt die Stimmung eines Menschen auch einen Einfluss auf seine Finanzen hat. Wir haben eine Presseerklärung des Herausgebers der Studie von Mitte November übersetzt, die eine Warnung vor Frustkäufen sein sollte:
Die Entscheidungen eines Menschen werden sicherlich von seinen Emotionen beeinflusst. Aber Sie könnten überrascht sein, wie sehr Ihre Emotionen auch Ihren Geldbeutel beeinflussen. Eine neue Studie der Psychologin Jennifer Lerner von der Harvard Kennedy School of Government der Harvard University und ihren Kollegen Yi Le und Elke U. Weber von der Columbia University untersuchte, wie ein Mensch, der keine Geduld hat, weil er traurig ist, zu erheblichem finanziellen Schaden kommen kann. Die Studie wurde jetzt in Psychological Science, einem Journal der Association for Psychological Science, veröffentlicht.
Die Forscher analysierten Daten aus dem Harvard Decision Science Laboratory und dem Center for Decision Sciences an der Columbia University. Sie ließen Testpersonen ein Video ansehen, das ihre Stimmung drückte, und dann ein Gewinnspiel spielen. Die traurigen Testpersonen wurden ungeduldig und kurzsichtig, was sich in finanziellen Entscheidungen zeigte, die zu einem kurzfristig höheren, aber langfristig geringeren Gewinn führten. Deshalb verdienten die traurigen Testpersonen deutlich weniger Geld als Testpersonen, die in einer neutralen Stimmung waren. Sie zeigten einen sogenannten „Present Bias“, eine Präferenz für kurzfristigen Gewinn, bei dem jemand, der eine Entscheidung zu treffen hat, nach sofortiger Befriedigung strebt und dabei einen größeren Gewinn ignoriert, den er machen könnte, wenn er abwarten würde.
„Im Durchschnitt dreier Experimente meinten traurige Testpersonen, dass zukünftige Belohnungen (d.h. solche, die sie erst drei Monate später haben könnten) 13 bis 34 Prozent weniger wert wären, als Testpersonen, die in einer neutralen Stimmung waren. Diese Unterschiede waren sichtbar, obwohl es um echtes Geld ging und die Diskontsätze sogar in der neutralen Situation schon hoch waren”, schreiben die Autoren.
„Diese Experimente, für die wir Methoden der Psychologie und der Wirtschaftswissenschaften kombinierten, zeigten, dass ein trauriger Mensch nicht unbedingt weiser ist, wenn es um finanzielle Entscheidungen geht”, schlussfolgern sie. „Stattdessen machte Traurigkeit (und nicht einfach irgendeine beliebige negative Emotion) Leute kurzsichtiger als Testpersonen in einer neutralen Stimmung. Daher waren sie bereit auf zukünftige Gewinne zu verzichten, um eine sofortige Befriedigung ihrer Bedürfnisse zu erhalten.“
Lerner und ihre Mitautoren sind der Meinung, dass ihre Ergebnisse von großer Tragweite für das Design öffentlicher Politik sind – auf Gebieten wie zum Beispiel der Nachlassplanung und Regulierung von Kreditkarten.
„Beim Design und der Umsetzung öffentlicher Politik muss man die ganze Bandbreite psychologischer Prozesse berücksichtigen, durch die Menschen Entscheidungen fällen”, argumentieren die Autoren. „Wenn wir diese Prozesse gut verstehen, können wir auch besser die ökonomischen Probleme angehen, die etwas mit der zunehmenden Abhängigkeit der Amerikaner von Kreditkarten zu tun haben.”
Jennifer Lernerist Professorin für Öffentliche Politik und Management an der Harvard Kennedy School of Government und leitet das Harvard Laboratory for Decision Science. Dieses interdisziplinäre Labor, das sie gemeinsam mit zwei Wirtschaftswissenschaftlern gründete, benutzt vor allem Methoden der Psychologie, der Wirtschafts- und Neurowissenschaften, um die Urteile und Entscheidungsfindung von Menschen zu untersuchen.
Quellen:
Association for Psychological Science, 14. Nov 2012
Lerner et al. Psychological Science, Nov 2012
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Rubrik: Depression, Glücksforschung, Leistungsfähigkeit, Mensch & Gruppe
Tags: Sozialpsychologie, Umwelt, Verhaltensforschung, Wahrnehmung