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Welche Risikofaktoren begünstigen die Ausbildung einer posttraumatischen Belastungsstörung?

14. April 2015

angststoerungen im gehirn sehenWie im Artikel zu lesen sein wird, erleiden die meisten Menschen im Laufe ihres Lebens einmal ein Trauma, von denen 5-10 % eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) entwickeln. Vorweg wäre die Frage interessant, was eigentlich als Trauma gilt. Historisch gesehen tauchte das Symptommuster in Beschreibungen seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf als im Zuge der Industrialisierung die ersten öffentlichen Eisenbahnen für die Allgemeinbevölkerung nutzbar waren. Unfälle und die Klärung der Schadensersatzleistungen der mitunter psychischen Folgeerscheinungen rückten die PTBS in die Aufmerksamkeit. Damals wurden lange fachliche Diskussionen geführt, ob die Symptome echt oder gespielt waren, um Geldleistungen zu erhalten. Heute ist die Existenzberechtigung der Diagnose unangefochten, es gibt aber noch Unterschiede in der Definition des Traumabegriffs. Die eine theoretische Vorstellung geht davon aus, dass es eine Bedrohung katastrophalen Ausmaßes sein müsse, die bei fast jedem Verstörung hervorruft, die andere, dass es eine für das jeweilige Individuum spürbare Bedrohung extremen Ausmaßes sei. Der Schwerpunkt liegt bei letzterer auf dem subjektiven Empfinden. Im folgenden Artikel geht es darum, wie Wissenschaftler und Behandler ihre Werkzeuge verbessern, um möglichst individuelle Vorhersagen darüber zu treffen, ob ein Einzelner eine PTBS entwickeln könnte.


Forscher konnten eine neue Berechnungsmethode finden, die 800 verschiedene Arten erkennt wie Menschen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln (PTBS), woraufhin es zum ersten Mal möglich ist, einen personalisierten Vorhersage-Leitfaden anzubieten. Die Ergebnisse der Studie der New York University (NYU) Langone Medical Center sind im online-Journal BMC Psychiatry veröffentlicht.
„Unsere Studie zeigt, dass high-risk Individuen, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben, in weniger als zwei Wochen nach ihrem ersten Kontakt mit der Notaufnahme identifiziert werden können“, sagen Dr. Arieh Y. Shalev und Prof. Barbara Wilson, die Professorin am Lehrstuhl für Psychiatrie an der NYU Langone und Codirektor des NYU´s Steven and Alexandra Cohen Zentrums für Veteranen ist. „Bis jetzt hatten wir kein Hilfsmittel – in diesem Fall einen Berechnungsalgorithmus –, das die verschiedenen Arten gewichten kann wie ein Trauma einem Individuum widerfährt und das einen persönlichen Risikowert ausgibt.
Bisher konnten Behandler nur Berechnungsmethoden einsetzen, die Aussagen über gesamte Gruppen von Überlebenden ausgeben, die sich letztlich aber unzureichend zur Aussage für Individuen nutzen lassen. Der neue Algorithmus wurde bislang zur Vorhersage des Krebswachstums eingesetzt und wird nun auf die Vorhersage von PTBS übertragen.
Die Studie hatte zum Ziel, austauschbare, maximal vorhersagefähige Zusammenstellungen von frühen Risikofaktoren aufzudecken und einen Ziel-Informations- Äquivalenz-Algorithmus zu bilden wie er vorher am NYU Zentrum für Gesundheit und Bioinformatik für die Molekular- und Krebsforschung entwickelt wurde. Der Algorithmus zeigt, dass Daten aus den ersten zehn Tagen nach dem traumatischen Ereignis, trotz der vielen Möglichkeiten wie Traumata entstehen, genauere Aussagen darüber erlauben, wer wahrscheinlich eine PTBS entwickelt. Die Daten, die dem Algorithmus gefüttert werden, beinhalten Variablen wie Ereignistyp, frühe Symptome, Befunde aus der Notaufnahme und dergleichen.
„Bis vor kurzem nutzten wir nur die frühen Symptome zur Vorhersage von PTBS, was Nachteile hatte“, sagte Dr. Shalev. „Diese Studie erweitert unsere Vorhersagegenauigkeit. Z.B. zeigt sie, dass Vorkommnisse wie das Auftreten von Kopfverletzungen, Aufenthaltsdauer in der Notaufnahme oder der Ausdruck von Hilfsbedürftigkeit des Überlebenden in die Vorhersage-Berechnung mit aufgenommen werden kann und deren Genauigkeit verbessert.“
Dr. Shalev´s letzte Studie basiert auf Daten, die ursprünglich für die Jerusalem Trauma Forschungs- und Präventionsstudie erfasst wurden, die er und Kollegen am Hadassah Krankenhaus in Israel durchführten und die vorher im Archvies of General Psychiatry veröffentlicht wurden. Diese Studie ergab, dass zwei Formen kognitiver Verhaltenstherapie, nämlich anhaltende Exposition (prolonged exposure therapy) und kognitive Therapie, gleich erfolgreich in der Prävention von PTSD bei kürzlich Überlebenden waren.
Dr. Shalev war vorsichtig, seine Ergebnisse als Beweis für die Theorie der vorherigen Studie zu sehen. Er fordert zur Gewinnung robuster Vorhersagen über Entstehungsbedingungen hinweg, dass der erwähnte Algorithmus dazu benutzt wird, Wissen über traumatische Ereignisse anderer Patientengruppen und anderer Traumata zu sammeln, das über das der früheren Studie hinausgeht.
Das Forscherteam hat in Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern der Columbia und Harvard Universität schon Datensets aus 19 anderen Zentren weltweit in einer NIMH-geförderten (Amerikanisches Institut für mentale Gesundheit) Studie erhalten, um einen verständlichen Vorhersage-Algorithmus zur Bildung eines allgemeingültigen Vorhersagemodells zu entwickeln.
„In Zukunft hoffen wir, dass wir bessere Behandlungskonzepte anbieten können, die auf einer persönlicheren Risikoabschätzung basieren“, sagt Dr. Shalev. „PTBS bedeutet eine schwere Bürde für Betroffene und Gesellschaft.“
Nach einer großen epidemiologischen Studie in den USA und mit Hilfe der Welt Gesundheits Organisation wird die Mehrheit der Erwachsenen mindestens ein traumatisches Erlebnis im Laufe des Lebens erleiden. Und 5 – 10 % davon werden eine PTSD entwickeln.

Ãœbersetzungsquelle:

http://www.medicalnewstoday.com/releases/290976.php

Rubrik: Allgemeines, Angst- & Panikstörung, Verhaltenstherapie


1 Kommentieren

  1. peter reitz
    Mai 14th, 2015

    Auch spannend der Umkehrschluss: Welche Faktoren begünstigen die Gesundheit nach einer „PTBS“, Stichwort Resilienz und Salutogenese.

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