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Was verrät das Gehirn über die Größe unseres Freundeskreises?

14. Januar 2011

Was verrät das Gehirn über die Größe unseres FreundeskreisesManche Evolutionsforscher meinen, unser Gehirn wurde im Laufe der Menschheitsgeschichte immer größer, um eine wachsende Anzahl sozialer Interaktionen zu ermöglichen. In einer neuen Studie haben Wissenschaftler Gehirnstrukturen vermessen und gezeigt, dass diese Hypothese zumindest auf eine Gehirnregion des Menschen zutreffen könnte. Wir haben die Presseerklärung der Forscher von vor zwei Wochen übersetzt, deren Ergebnisse zu einer verbesserten Therapie von Krankheiten wie Angststörungen und Depressionen beitragen könnten:

Wissenschaftler haben entdeckt, dass die Amygdala, eine kleine mandelförmige Struktur tief im Inneren des Schläfenlappens des menschlichen Gehirns, wichtig für ein reichhaltiges und vielseitiges Sozialleben ist. Die Ergebnisse wurden diese Woche in einer neuen Studie in Nature Neuroscience veröffentlicht und ähneln denen früherer Untersuchungen an anderen Primatenspezies, die die Größe und Komplexität sozialer Gruppen bei diesen Spezies verglichen hatten.

„Wir wissen, dass Primaten, die in größeren sozialen Gruppen leben, eine größere Amygdala haben, selbst wenn man Unterschiede der Gesamtgröße des Gehirns und des Körpers berücksichtigt“, sagt Dr. Lisa Feldman Barrett vom Forschungsprogramm Psychiatrisches Neuroimaging am Massachusetts General Hospital (MGH), die Professorin für Psychologie an der Northeastern University ist und die Studie leitete. „Wir untersuchten eine einzige Primatenspezies, den Menschen, und stellten fest, dass das Volumen der Amygdala bei erwachsenen Menschen mit der Größe und Komplexität ihrer sozialen Netze zunimmt.“

Die Forscher untersuchten auch alle anderen subcorticalen (tieferen) Strukturen im Gehirn, fanden aber keine überzeugenden Hinweise auf ähnliche Zusammenhänge zwischen weiteren subcorticalen Strukturen und dem Sozialleben von Menschen. Das Volumen der Amygdala zeigte keine Assoziation mit anderen sozialen Variablen im Leben von Menschen, zum Beispiel mit dem sozialen Rückhalt oder der Lebenszufriedenheit.

„Dieser Zusammenhang zwischen der Größe der Amygdala und der Größe und Komplexität des sozialen Netzes war bei älteren und jüngeren Menschen zu beobachten und ebenso bei Männern und Frauen“, sagt Dr. Bradford C. Dickerson von der Abteilung Neurologie des MGHs und dem Martinos Center for Biomedical Research. „Dieser Zusammenhang war spezifisch für die Amygdala, denn die Größe und Komplexität des sozialen Netzes war nicht mit der Größe anderer Gehirnstrukturen assoziiert.“ Dickerson ist ein Außerordentlicher Professor für Neurologie an der Harvard Medical School und leitete die Studie zusammen mit Dr. Barrett.

Die Forscher befragten die 58 Teilnehmer der Studie zur Größe und Komplexität ihrer sozialen Netze. Dazu füllten sie Standardfragebögen aus, mit denen die Forscher die gesamte Zahl der regelmäßigen sozialen Kontakte quantifizierten, die jeder Teilnehmer hatte, sowie die Anzahl verschiedener sozialer Gruppen, zu denen diese Kontaktpersonen gehörten. Dann scannten die Forscher die Gehirne der Teilnehmer im Alter von 19 bis 83 Jahren mit Magnetresonanztomographie und sammelten Daten über verschiedene Gehirnstrukturen, einschließlich des Volumens der Amygdala.

Barrett, die dem Martinos Center am MGH angehört, weist darauf hin, dass die Ergebnisse der Studie im Einklang mit der „Social Brain“-Hypothese sind, nach der sich die Amygdala als Teil des „sozialen Gehirns“ des Menschen entwickelt haben könnte, um ein zunehmend komplexes Sozialleben zu bewältigen. „Zurzeit führen wir weitere Untersuchungen durch, um besser zu verstehen, welche Rolle die Amygdala und andere Gehirnregionen beim Sozialverhalten des Menschen spielen“, sagt sie. „Außerdem wollen wir und andere Forscher verstehen, wie krankhafte Veränderungen in diesen Gehirnregionen das Sozialverhalten bei neurologischen und psychiatrischen Erkrankungen beeinträchtigen können.“

Quellen:

Massachusetts General Hospital, 27.12.10

Bickart et al. Nature Neuroscience, Dez 2010

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Rubrik: Hirnforschung, Mensch & Gruppe
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