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Warum sehen sich Menschen traurige Filme an?

14. April 2012

Wie lange dauert Liebe auf den ersten BlickAls Titanic 1997 in die Kinos kam, war der Film der erfolgreichste der Filmgeschichte und spielte über 1 Milliarde US-Dollar ein. Aber warum sehen Menschen Filme, bei denen sie weinen müssen? Eine neue Studie hat untersucht, was Menschen an traurigen Filmen so fasziniert. Wir haben die Presseerklärung der Universität zu der Studie von März übersetzt, die zeigt, dass solche Filme auch eine positive Wirkung auf Menschen haben:

Menschen schauen sich gerne Filme mit tragischem Ausgang wie „Titanic“ an, weil sie davon etwas scheinbar Unerwartetes haben: ein unglückliches Ende macht Menschen in Wirklichkeit glücklicher, wenn auch nur vorübergehend.

Forscher haben festgestellt, wenn Menschen Filme ohne Happy End sehen, denken sie über ihre eigenen engen Beziehungen nach, was dann wiederum ihre Lebenszufriedenheit erhöht. Im Endeffekt macht so eine scheinbar negative Erfahrung – sich einen traurigen Film anschauen – Menschen glücklicher, indem sie ihnen die positiven Seiten ihres eigenen Lebens bewusst macht.

„In Filmtragödien geht es oft in erster Linie um Themen wie ewige Liebe. Deshalb denken Zuschauer an die lieben Menschen in ihrem Leben und werden dafür dankbar, wie gut sie es haben“, sagt Silvia Knobloch-Westerwick, die erste Autorin der Studie, die Lehrbeauftragte für Kommunikation an der Ohio State University ist.

Entscheidend war, wie intensiv die Zuschauer durch den Film über ihre eigenen Beziehungen nachdachten. Je mehr sie über die lieben Menschen in ihrem eigenen Leben nachdachten, desto glücklicher wurden sie. Zuschauer, die durch den Film mehr über sich selbst nachdachten, etwa: „Mir geht es nicht so schlecht wie den Leuten in diesem Film“, wurden durch den Film nicht glücklicher.

Knobloch-Westerwick sagt, dies ist eine der ersten Studien, die versucht haben wissenschaftlich zu erklären, warum Menschen fiktive Filmtragödien mögen, die sie traurig machen.

„Philosophen haben im Laufe der Jahrtausende über diese Frage sehr wohl nachgedacht, aber Wissenschafter haben ihr nicht die gleiche Aufmerksamkeit geschenkt“, sagt sie.

Knobloch-Westerwick führte die Studie zusammen mit dem Doktoranden Yuan Gong und den Diplomandinnen Holly Hagner und Laura Kerkeybian von der Ohio State University durch. Die Ergebnisse erschienen jetzt online in dem Journal Communication Research und werden in einer der nächsten Ausgaben gedruckt.

An der Studie nahmen 361 Collegestudenten teil, die eine Kurzfassung des Films „Abbitte“ sahen, der 2007 in die Kinos kam und von zwei Liebenden handelt, die im Krieg getrennt werden und am Ende sterben.

Bevor und nachdem sie den Film gesehen hatten, beantworteten die Teilnehmer eine Reihe von Fragen, mit denen die Forscher quantifizierten, wie zufrieden die Studenten mit ihrem Leben waren.

Außerdem wurden sie vor, nach und dreimal während des Films gefragt, wie stark sie verschiedene Emotionen empfanden, einschließlich Traurigkeit.

Nach dem Film bewerteten die Teilnehmer, wie gut ihnen der Film gefallen hatte, und schrieben in ihren eigenen Worten, wie sehr sie durch den Film über sich selbst, ihre Ziele, Beziehungen und ihr Leben im Allgemeinen nachgedacht hatten.

Worüber Leute schrieben, nachdem sie den Film gesehen hatten, war entscheidend, um zu verstehen, warum Menschen gerne fiktive Filmtragödien sehen, sagt Knobloch-Westerwick.

Die Leute, die besonders traurig wurden, während sie den Film sahen, schrieben vor allem über reale Menschen, zu denen sie eine enge Beziehung hatten, sagt sie.

Das erhöhte die Lebenszufriedenheit der Teilnehmer nach dem Zuschauen und der Film gefiel ihnen besser.

„Menschen scheinen Filmtragödien als eine Gelegenheit zu nutzen, um über die wichtigen Beziehungen in ihrem eigenen Leben nachzudenken, und um dankbar zu werden für das, was sie haben“, sagt sie.

„Das hilft zu verstehen, warum Filmtragödien bei Zuschauern so beliebt sind, obwohl man davon traurig wird.”

Außerdem testeten die Forscher die Theorie, dass sich Menschen glücklicher fühlen könnten, nachdem sie eine Filmtragödie gesehen haben, weil sie froh sind, dass es ihnen im Vergleich zu den Darstellern gar nicht so schlecht geht. Das war jedoch nicht der Fall.

Bei Leuten, die nach dem Film über sich selbst nachdachten (und nicht über ihre engen Beziehungen), nahm die Lebenszufriedenheit nicht zu.

„Tragödien erhöhen die Lebenszufriedenheit nicht, indem sie Zuschauer mehr über sich selbst nachdenken lassen. Sie sprechen Menschen an, weil sie ihnen helfen für ihre eigenen Beziehungen dankbarer zu werden“, sagt sie.

Aber warum müssen Leute erst traurig werden, indem sie sich eine Filmtragödie ansehen, um Dankbarkeit für die Beziehungen in ihren eigenen Leben zu empfinden?

Knobloch-Westerwick sagt, das steht in Einklang mit psychologischen Untersuchungen, die gezeigt haben, dass eine negative Stimmung Menschen nachdenklicher macht.

„Positive Gefühle sind im Allgemeinen ein Zeichen dafür, dass alles in Ordnung ist, dass man sich keine Sorgen machen und nicht über Probleme in seinem Leben nachdenken muss“, sagt sie.

„Aber negative Gefühle wie Traurigkeit lassen Menschen ihre Situation kritischer überdenken. Wenn man also eine Filmtragödie über Menschen sieht, deren Liebe unter einem schlechten Stern steht, wird man vielleicht traurig. Aber dadurch denkt man mehr über seine eigenen engen Beziehungen nach und weiß sie mehr zu schätzen.“

Außerdem hat die Forschung gezeigt, dass Beziehungen im Allgemeinen die wichtigste Quelle des Glücks im Leben eines Menschen sind. Es ist also nicht überraschend, dass man glücklicher wird, wenn man über seine Lieben nachdenkt, sagt sie.

„Tragödien erinnern uns an unsere engen Beziehungen und das macht uns glücklich.”

Quellen:

Ohio State University, 19. März 2012

Knobloch-Westerwick et al. Communication Research, März 2012

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Rubrik: Glücksforschung, Medienkonsum, Mensch & Gruppe
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