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Tag: Entwicklung

Welche Auswirkungen hat ADHS auf die Lebensqualität?

30. Januar 2009

In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie ist zu dieser Frage ein Artikel erschienen, der den Forschungsstand zusammenfasst und eine eigene Studie zu dem Thema vorstellt.  Ina Schreyer und Petra Hampel von der Universität Bremen stellen zusammenfassend folgendes fest:

– Die Lebensqualität von Jungen mit ADHS (in der vorliegenden Studie wurden nur Jungen untersucht) ist gegenüber Jungen ohne ADHS vermindert, sowohl hinsichtlich Familie, Freunden als auch der Schule.

– Auch die Lebensqualität der Mütter wird durch die Erkrankung eines Kindes mit ADHS beeinträchtigt. Dies ist auf den ersten Blick nicht wirklich überraschend. Bemerkenswert ist jedoch schon, dass die Einschränkungen offensichtlich höher sind als bei Müttern von chronisch kranken Kindern. Dies weist darauf hin, dass die Eltern von ADHS-kranken Kindern in außerordentlich hohem Maße durch die Krankheit belastet werden.

– Die Studie zeigte außerdem, dass sich das Erziehungsverhalten von Müttern von Jungen mit ADHS signifikant von dem Erziehungsverhalten von Müttern von gesunden Kindern unterschied.  Im Einklang mit vorangegangenen Studien zu diesem Thema stellen die Autorinnen fest, dass das Erziehungsverhalten der untersuchten Müttern von ADHS-Kindern stärker kontrollierend und negativ war,  zudem weniger positiv verstärkend und außerdem durch ein geringeres Interesse am Kind charakterisiert als bei Müttern mit gesunden Kindern.

Aus vorangegangenen Studien weiß man, dass negatives Erziehungsverhalten an der Aufrechterhaltung von ADHS beteiligt sein kann oder wie es die Autorinnen formulieren: „Das Chronifizierungsrisiko steigt [an], je höher die Rate negativer Eltern-Kind Interaktionen ist.“

Für die Behandlung von ADHS-kranken Kindern bedeutet das, dass die Eltern aktiv miteinbezogen werden sollten. Zum einen, um sie selbst darin zu unterstützen, ihre eigene Lebensqualität wieder zu steigern und zum anderen um ihnen zu helfen ihre Interaktionen mit ihrem Kind zu verbessern und somit einen Risikofaktor für die Aufrechterhaltung von ADHS zu verringern.

Quelle:

Schreyer & Hampel. Zeitschrift für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie, 37 (1), 2009, 69-75

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Wie weit reichen die gesundheitlichen Folgen von Belastungen im Kindesalter?

29. Januar 2009

Belastende Erfahrungen in der Kindheit können einen langanhaltenden Einfluss auf die Gesundheit der Kinder haben, selbst dann wenn die negativen Erfahrungen schon lange zurückliegen. Dies sind die Ergebnisse, die in dieser Woche in den Proceedings of the National Academy of Sciences veröffentlicht wurden. Forscher des Child Emotion Laboratory der University of Wisconsin-Madison, USA haben den Zusammenhang zwischen psychischen Belastungen in der Kindheit und physischer Gesundheit im Jugendalter untersucht. Hierzu wurden Jugendliche, die in der Kindheit entweder körperlich misshandelt wurden oder in einem Waisenhaus aufgewachsen sind auf ihr Immunsystem hin untersucht.

Da der Zusammenhang von Stress und körperliche Gesundheit hinlänglich belegt ist, überraschte es nicht, dass das Immunsystem dieser Gruppe signifikant schlechter bzw. angreifbarer war als das Immunsystem von Jugendlichen, die diesen Belastungen in ihrer Kindheit nicht ausgesetzt waren. Was allerdings sehr wohl überraschte, ist, dass selbst bei Kindern, die nur relativ kurze Zeit in schwierigen Bedingungen aufgewachsen waren, etwa Kinder, die  im Alter von wenigen Jahren von amerikanischen Eltern aus Waisenhäusern in Rumänien, Russland oder China adoptiert wurden, ebenfalls ein signifikant schlechteres Immunsystem aufwiesen. Und dies obwohl sie bereits seit mehr als einem Jahrzehnt unter vergleichbar guten Bedingungen gelebt hatten wie die Kontrollgruppe.

Offensichtlich können also hohe Belastungen im Kindesalter weitreichende gesundheitliche Folgen haben; – selbst dann, wenn die belastenden Erfahrungen längst Geschichte sind.

Quelle:

Medical News Today, 27.01.09

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Ist Fernsehen für Kinder unter 2 Jahren schädlich?

19. Januar 2009

tv for babies s sAuf jeden Fall ist es nicht nützlich, stellt Dimitri Christakis vom Seattle Children’s Resarch Institute fest. In der aktuellen Januar-Ausgabe von Acta Paediatrica hat Christakis die Ergebnisse von 78 Studien der letzten 25 Jahre zu dem Thema frühkindlicher Fernsehkonsum zusammen gefasst. Hintergrund ist, dass in den USA 9 von 10 Kindern unter 2 Jahren regelmäßig Fernsehen schauen. Viele Eltern fördern diesen Fernsehkonsum aktiv, da sie glauben, dies sei eine gute Stimulation für die frühkindliche Entwicklung. Dies behaupten auch die Hersteller von „Baby-DVDs“ bzw. die Sender, die entsprechende Formate im Programm haben.  (In Deutschland war es vor einigen Jahren v.a. die Sendung „Teletubbies“, die von  Hersteller und Sender als nützlich für Kleinkinder beworben wurde und zu einer öffentlichen Diskussion über das Für und Wider führte).

Christakis fasst zusammen, dass bislang in keiner Studie positive Effekte von frühkindlichem Fernsehkonsum festgestellt werden konnten. Demgegenüber gäbe es aber eine Fülle von Studien, die nachteilige Effekte belegen, so zum Beispiel verzögerte Sprachentwicklung und spätere Aufmerksamkeitsprobleme. Laut Christakis hängt dies wahrscheinlich zum einen damit zusammen, dass die auch in Kindersendungen raschen Szenenwechsel und Schnitte das frühkindliche Gehirn schlichtweg überfordern und zum anderen – wenig überraschend -, dass der Fernsehkonsum Kleinkinder davon abhält, die eigentlich für ihre Entwicklung entscheidenden Lernerfahrung für ihre (z.B. Spielen oder Interaktion mit anderen Menschen) zu machen.

Christakis  Fazit ist eindeutig und deckt sich auch mit den Empfehlungen von u.a. amerikanischen, französischen und deutschen Gesundheitsministerien: Fernsehen ist nichts für Kleinkinder.

Quelle:

Christakis. Acta Paediatrica, Jan 2009

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Wovon hängt es ab, dass Kinder gut schlafen?

3. Januar 2009

In einer aktuellen (vorab online veröffentlichten) Studie des Journal of Sleep Research (01/09) berichtet eine Forschergruppe aus Israel und USA von den Ergebnissen einer umfangreichen Untersuchung zu Schlafverhalten und -gewohnheiten von Kindern in den ersten drei Lebensjahren in USA und Kanada. Über einen internetbasierten Fragebogen wurden die Angaben von über 5.000 Eltern zu ihrem Verhalten sowie dem Schlafverhalten ihrer Kinder erfasst. Hintergrund der Studie ist, dass kaum ein Thema Eltern so beeinträchtigt und belastet wie das Auftreten von Schlafstörungen bei ihren Kindern. Tatsächlich wird geschätzt, dass zwischen 20% und 30% aller Kinder unter drei Jahren unter Schlafstörungen leiden wie z.B.  Schwierigkeiten mit dem Einschlafen und/oder häufiges nächtliches Aufwachen.

Einige Ergebnisse der Studie überraschen kaum, wie zum Beispiel, dass die Schlafdauer der Kinder mit zunehmenden Alter abnimmt. Andere Ergebnisse sind jedoch durchaus bemerkenswert, so zum Beispiel die enorme Schwankungsbreite der täglichen Schlafdauer: Die „unteren“ 5% der Kinder unter einem Jahr schliefen zwischen 9 und 10 Stunden pro Tag; die „oberen“ 5% schliefen knapp 16 Stunden täglich.

Ebenfalls wenig überraschend, aber dennoch nicht weniger wichtig, ist der Befund, dass die nächtlichen Schlafstörungen der Kinder eng mit dem Verhalten der Eltern zusammen hängen.  Je mehr Gewicht die Eltern darauf legten, dass ihr Kind selbständig und in ihrem eigenen Zimmer einschlief, desto unproblematischer schlief es auch ein. Je aktiver die Eltern auf nächtliches Aufwachen ihres Kindes reagierten (aus der Krippe nehmen, schaukeln, trösten) desto häufiger traten die nächtlichen Schlafstörungen auf. Verhaltenstherapeutisch lässt sich dieser Zusammenhang leicht erklären: In den Arm nehmen, Schnuller geben etc.  wird dem Kind als „Belohnung“ für sein nächtliches Aufwachen wahrgenommen und verstärkt daher dieses Verhalten. Tatsächlich haben eine Vielzahl von Studien den eindeutigen Zusammenhang zwischen Veränderungen im Elternverhalten und dem Schlafverhalten ihrer Kinder nachgewiesen.

Was heißt dies für die Arbeit in unserer Praxis? Schlafstörungen bei Kindern sind ein gutes Beispiel dafür, dass es bei der „Kindertherapie“ eben oftmals darum geht, auch mit den Eltern über ihr Verhalten zu sprechen als ausschließlich über das Verhalten ihres Kindes.

Quelle:

Sadeh et al. Journal of Sleep Research, 2009

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Haben heute mehr Kinder ADHS als früher?

2. Januar 2009

ADHD more than before sEric Taylor, Leiter der Kinder- und Jugendlichenpsychiatrie am Londoner Institute of Psychiatry, teilt diese Auffassung nicht.  In einem Review-Artikel (das sind Artikel, in denen die Forschungergebnisse der letzten Jahre/Jahrzehnte zu einem Thema zusammgefasst werden) für das Journal of Child Psychology and Psychiatry (vorab online 01/09) verweist Taylor auf mehrere Studien aus den letzten 20 Jahren, die nachweisen, dass heute zwar sehr viel mehr Kinder mit ADHS diagnostiziert werden als etwa in den 80ern, dies aber in erster Linie darauf zurückzuführen ist, dass die öffentliche Aufmerksamkeit für ADHS sich verändert habe, nicht aber die Häufigkeit der Krankheit selbst.  Damit seien – so Taylor – auch die verbreiteten Erklärungsversuche, ADHS sei mit dem ansteigenden Konsum etwa von Fernsehen oder auch „Junk Food“ zu erklären oder mit der zunehmenden Erziehungsinkompetenz der Eltern, inzwischen obsolet geworden. Auch die häufig angeführten erheblichen Unterschiede zwischen einzelnen Ländern hinsichtlich der Auftretenshäufigkeit von ADHS seien in erster Linie durch methodische Unzulänglichkeiten zu erklären als durch die vorliegenden Daten.

Tatsächlich gibt es aber erhebliche  Unterschiede in der Behandlung, etwa zwischen USA und Europa. In den USA gilt die medikamentöse Behandlung von ADHS als erste Wahl. In Europa dagegen ist die weitverbreitende Ansicht, dass man ADHS erst dann mit Medikamenten behandeln sollte, wenn eine psychologische Behandlung nicht den gewünschten Erfolg bringt oder die Symptome so schwer sind, dass sofort gehandelt werden muss.

Obwohl ADHS inzwischen als ein sehr gut erforschtes Krankheitsbild gilt, gibt es laut Taylor noch viele offene Fragen. Unklar ist unter anderem, ob man ADHS überhaupt als einheitliche Diagnose wird aufrecht erhalten können, da inzwischen zunehmend Fälle dokumentiert sind, in denen die Aufmerksamkeitsstörung nicht durch Hyperaktivität begleitet wird. Aufgrund der Heterogenität von ADHS vermutet Taylor daher, dass die Haupt-Diagnose ADHS in Zukunft durch Sub-Diagnosen zumindest ergänzt wenn nicht sogar ersetzt werden könnte.

Während es inzwischen eine Reihe von vielversprechenden therapeutischen Behandlungsmöglichkeiten für ADHS bei Kindern gäbe,  gelte es zudem ein höheres Augenmerk auf das Erwachsenenalter zu richten, damit auch die Lebensqualität von Erwachsenen mit ADHS dauerhaft verbessert werden kann.

Quelle:

Taylor. Journal of Child Psychology and Psychiatry, 2009

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