Entwickeln frühreife Jugendliche eher Depressionen?
Die Pubertät ist bekanntlich durch die mit ihr einhergehenden einschneidenden Körperveränderungen eine schwierige wie spannende Zeit, die Jugendliche vor große Herausforderungen stellt. Erschwert wird die Bewältigung dieser Veränderungen für junge Menschen, wenn sie früher als andere in die neue Lebensphase eintreten. Es gibt sogar Hinweise darauf, dass diese Jugendlichen mit höherer Wahrscheinlichkeit eine Depression entwickeln. Eine neue Langzeitstudie amerikanischer Forscher hat untersucht, ob man diesen Zusammenhang nachweisen kann. Wir haben einen Pressebericht über die Studie übersetzt, die zeigt, dass frühreife Jugendliche, sowohl Mädchen als auch Jungen, mit größerer Wahrscheinlichkeit eine Depression entwickeln als andere:
Jugendliche, die eher als andere in die Pubertät kommen, haben ein größeres Risiko, an Depressionen zu erkranken. Das gilt für Jungen und Mädchen gleichermaßen. Allerdings entwickelt sich die Krankheit bei Mädchen anders als bei Jungen, legt eine neue Studie nahe.
Frühreife bringt eine Reihe von psychologischen und zwischenmenschlichen Problemen und Verhaltensschwierigkeiten mit sich, die einige Jahre später bei Jungen und Mädchen erhöhte Depressionswerte vorhersagen lassen. Das fand Karen D. Rudolph, Psychologieprofessorin an der Universität von Illinois, kürzlich in einer Studie heraus.
Rudolph und Ihre Kollegen untersuchten über vier Jahre hinweg bei mehr als 160 Jugendlichen sowohl den zeitlichen Ablauf der Pubertät als auch Depressionswerte der Pubertierenden. Während der frühen Teenager Jahre beantworteten die Jugendlichen jährlich Fragebögen und Interviews zur Einschätzung ihrer psychologischen Risikofaktoren, zwischenmenschlichen Stressoren und Bewältigungsstrategien. Auch die Eltern wurden zu den sozialen Beziehungen und Schwierigkeiten ihrer Kinder befragt.
Diese Studie, die online in der Zeitschrift „Development and Psychopathology“ (Entwicklung und Psychopathologie) veröffentlicht wurde, ist eine der ersten, die bestätigt, dass früher Pubertätsbeginn bei beiden Geschlechtern das Risiko, später im Leben an Depression zu erkranken, erhöht und die versucht dazu auch, die zugrunde liegenden Mechanismen zu erklären.
„Es wird meistens davon ausgegangen, dass ein frühzeitiges Einsetzen der Pubertät vor Gleichaltrigen nur für Mädchen einen Risikofaktor zur Entwicklung von Depression darstellt.“, sagte Prof. Rudolph. „Wir fanden heraus, dass Frühreife auch für Jungen im Verlauf ihrer Adoleszenz zum Risiko werden kann, aber der zeitliche Verlauf anders als bei Mädchen ist.“
Die Forscher fanden heraus, dass Jugendliche, die eher als andere in die Pubertät kommen, anfälliger als Gleichaltrige für eine Reihe von Risikofaktoren waren, die mit Depression im Zusammenhang stehen. Sie hatten eine schlechtere Selbsteinschätzung, mehr Ängste, soziale Probleme – sowohl Konflikte innerhalb der Familie als auch mit Gleichaltrigen – und sie tendierten dazu, sich mit Gleichaltrigen anzufreunden, die schnell in Schwierigkeiten geraten.
Frühreife Mädchen hatten zu Beginn der Studie schon erhöhte Depressionswerte, die über die nächsten drei Jahre stabil blieben. Diese ungünstigen Umstände hielten bei frühreifen Mädchen an. Sie litten unter wahrnehmbaren Nachteilen, die auch bestehen blieben, nachdem die Gleichaltrigen in der körperlichen Entwicklung aufgeholt hatten, sagte Rudolph.
„Bei Mädchen scheint Frühreife sofort psychische Probleme und Schwierigkeiten mit dem Umfeld auszulösen und damit als Konsequenz Depression zu verursachen.“ sagte Rudolph. „Die Veränderungen in der Pubertät führen dazu, dass frühreife Mädchen sich mit sich selbst schlecht fühlen, weniger gut mit sozialen Problemen fertig werden, sich mit sozial unangepassten Gleichaltrigen anfreunden, risikoreichere und stressigere soziale Situationen aufsuchen und letztlich Konflikte und Scheitern ihrer Beziehungen erleben.“
Frühreife scheint diese sofortigen nachteiligen Effekte nicht auf Jungen zu haben. Diese zeigten statistisch bedeutsam niedrigere Depressionswerte im Vergleich zu den frühreifen Mädchen. Allerdings verschwanden diese Unterschiede mit der Zeit, so dass am Ende des vierten Studienjahrs die frühreifen Jungen sich nicht mehr statistisch nachweisbar in ihren Depressionswerten von den Mädchen unterschieden.
„Frühreife schien die Jungen anfangs vor den Herausforderungen der Pubertät zu schützen, sie erlebten aber im Verlauf der Adoleszenz eine Kaskade an persönlichen und im Umfeld liegenden Risikofaktoren – negative Selbsteinschätzung, Ängste, soziale Probleme und zwischenmenschlichen Stress -, die letztlich ebenso zu Depression führten.“, fand Rudolph heraus.
Obwohl diese Risikofaktoren (Selbsteinschätzung, Angst, soziale Probleme, Konflikte) in der Studie einzeln untersucht wurden, gehen die Forscher davon aus, dass sie sich höchst wahrscheinlich im Laufe der Zeit gegenseitig verstärken.
„Es ist wichtig, darauf hinzuweisen, dass unsere Studie nahelegt, dass nicht alle frühreifen Jugendlichen unter diesen Auswirkungen leiden, sondern besonders die, die aus zerrütteten Familien kommen und weniger Unterstützung durch ihre Freunde erfahren.“, sagte Rudolph.
Ãœbersetzungsquelle:
http://www.sciencedaily.com/releases/2014/11/141119142209.htm
Der Text basiert auf Materialien, die von der University of Illinois at Urbana-Champaign zur Verfügung gestellt werden.
Rubrik: Depression, Kinder & Jugendliche, Mensch & Gruppe