skip to content

Besteht ein Zusammenhang zwischen Ernährung und Depressionen?

4. November 2009

Heutzutage werden wir manchmal bis zur Verwirrung mit einzelnen Informationen zu gesundem und schädlichen Essen bombardiert. Eine aktuelle wissenschaftliche Studie zeigt nun, das der gesamte Ernährungsstil eines Menschen seine psychische Gesundheit nachweislich beeinflussen kann. Ich habe den Inhalt für Sie zusammengefasst:

Eine neue Untersuchung aus Großbritannien zeigt, dass eine insgesamt „gesundheitsbewusste Kost” (mit einem hohen Anteil von Obst, Gemüse und Fisch) Menschen mittleren Alters einen Schutz gegen Depression bietet, wenn man sie mit einer „nicht gesundheitsbewussten Kost” aus überwiegend verarbeiteten Lebensmitteln vergleicht. Kennzeichnend für eine nicht gesundheitsbewusste Kost war ein hoher Anteil an fettreichen Milchprodukten, verarbeitetem Fleisch, Gebratenem, Getreideprodukten aus gemahlenem Mehl und stark zuckerhaltigen Süßspeisen.

Durchgeführt wurde die Studie von Forschern des Department of Epidemiology and Public Health, University College London (UCL) in Großbritannien und des Institut National de la Santé et de la Recherche Médicale (INSERM), Université Montpellier in Frankreich. Die Ergebnisse wurden in der Novemberausgabe des British Journal of Psychiatry veröffentlicht, die online erhältlich ist.

In der Einleitung ihres Artikels weisen die Autoren darauf hin, dass sich viele Forschungsarbeiten über Ernährung und Depression eher auf einzelne Nahrungsbestandteile konzentrieren. Dagegen wollten sie den Zusammenhang zwischen dem gesamten Ernährungsverhalten und Depression untersuchen.

Für ihre Studie analysierten die Autoren die Daten von 3486 Teilnehmern an der sogenannten Whitehall II-Studie, die ein Durchschnittsalter von 57 Jahren hatten und zu fast drei Viertel Männer waren.

Die Whitehall II-Studie wurde von Sir Michael Marmot, einem der Autoren und Professor am UCL, ins Leben gerufen und untersucht die Zusammenhänge zwischen Erkrankungen, sozialer Schicht, psychosozialen Faktoren und Lebensstil von Menschen. Ursprünglich verfolgte sie langfristig die Entwicklung der Gesundheit arbeitender Menschen. Inzwischen untersucht sie auch die Frage, wie frühere und jetzige Lebensumstände die Gesundheit und Lebensqualität in einer Gruppe älter werdender Studienteilnehmer beeinflussen.

Die Forscher konnten anhand der Daten zwei unterschiedliche Stile der Ernährung identifizieren: eine „gesundheitsbewusste Kost” und eine „nicht gesundheitsbewusste”. Die gesundheitsbewusste Kost bestand überwiegend aus Obst, Gemüse und Fisch, während die nicht gesundheitsbewusste Kost überwiegend aus zuckerhaltigen Süßspeisen, Gebratenem, fettreichen Milchprodukten (z.B. Käse), verarbeitetem Fleisch (z.B. Wurst) und Getreideprodukten aus gemahlenem Mehl bestand.

Die Teilnehmer hatten bereits fünf Jahre zuvor Angaben über ihre Ernährung gemacht. Zum Vergleich sammelten die Forscher persönliche Angaben der Teilnehmer zu Depression, maßen diese anhand der sogenannten CES-D-Skala und werteten beide gemeinsam aus.

CES-D (Center for Center for Epidemiologic Studies – Depressionsskala) ist ein Fragebogen, der häufig benutzt wird, um die Antworten von Leuten auf eine mögliche Erkrankung an Depression auszuwerten. Er enthält eine Reihe von Multiple-Choice-Fragen darüber, wie sich der Mensch in der letzten Woche gefühlt hat. Die Fragen behandeln Themen wie Konzentration, Appetitverlust, Sorgen, wie gut jemand mit depressiven Stimmungen zurecht kommt, Qualität des Schlafes, Gefühle der Einsamkeit, Selbstwert, Energie für Aktivitäten u.s.w.

Bei ihrer Analyse schlossen die Autoren andere Faktoren mit einem möglichen Einfluss auf die psychische Gesundheit aus, darunter Alter, Geschlecht, Bildung, Rauchen, Sport treiben und chronische Erkrankungen.

Zur weiteren Auswertung wurden die Teilnehmer je nach ihrem Essverhalten in drei gleich große Gruppen eingeteilt: solche mit „gesundheitsbewusster“, „gemischter” und „nicht gesundheitsbewusster“ Ernährung.

Die Ergebnisse zeigten:

  • Teilnehmer im gesundheitsbewussten Drittel hatten ein 26 Prozent niedrigeres Risiko, nach fünf Jahren unter Depression zu leiden, als Teilnehmer im nicht gesundheitsbewussten Drittel.
  • Umgekehrt hatten Teilnehmer im nicht gesundheitsbewussten Drittel ein 58 Prozent höheres Risiko, nach fünf Jahren unter Depression zu leiden, als Teilnehmer im nicht gesundheitsbewussten Drittel. (Der Widerspruch zwischen den beiden unterschiedlichen Prozentzahlen 26 und 58 ist nur scheinbar und hat etwas mit der Art der Berechnung zu tun, aber der Unterschied als solcher ist statistisch eindeutig.)

Daraus schlossen die Autoren, dass:

„Bei Studienteilnehmern mittleren Alters ist ein Ernährungsstil mit viel verarbeiteten Lebensmitteln ein Risikofaktor für Depression (im Sinne der CES-D-Skala) fünf Jahre später, während eine Ernährung mit viel Obst, Gemüse und Fisch eine Schutzwirkung hat.”

Laut BBC News hält es Dr. Archana Singh-Manoux, eine der Autoren und Mitarbeiterin am UCL und INSERM, für möglich, dass man die Ergebnisse auch durch einen Aspekt des Lebensstils erklären könnte, der in ihrer Studie nicht berücksichtigt ist.

Mit anderen Worten ist die Studie kein Beweis, dass eine Ernährung mit viel verarbeiteten Lebensmitteln eine Depression verursacht: Menschen, die auf eine Depression zusteuern, könnten auch eine Vorliebe für eine nicht gesundheitsbewusste Ernährung entwickeln, und ein noch unbekannter Faktor beides beeinflusst.

Aber wenn Ergebnisse so überzeugend wie diese sind, und mehrere Studien übereinstimmend ähnliche Zusammenhänge zwischen Ernährung und Depression zeigen, weist das auf eine wirkliche Schutzwirkung einer gesundheitsbewussten Ernährung gegen psychische Erkrankungen hin.

Laut BBC meint Dr. Andrew McCulloch, der Direktor der britischen Mental Health Foundation:

„Diese Untersuchung ist ein weiterer Beitrag zu der soliden Forschung, die eindeutige Zusammenhänge zwischen unserer Ernährung und unserer psychischen Gesundheit zeigt.”

Er sagt, solch groß angelegte Studien wären äußerst wichtig, damit wir besser verstehen, welche Rolle die Ernährung bei psychischen Erkrankungen spielt. Er meint, in Großbritannien gehen die Menschen zu einem immer ungesünderen Essverhalten über und essen weniger nahrhafte und frische Nahrungsmittel, dafür aber mehr gesättigte Fette und Zucker.

Quelle:

The British Journal of Psychiatry, November 2009

Verwandte Artikel:

Macht Fernsehen depressiv?

Bieten Musik und Kunst Hilfe gegen Depressionen?

Sind Depressionen so lebensgefährlich wie das Rauchen?

Wie hilft Psychotherapie bei Depressionen?

Rubrik: Depression
Tags: , , ,


Comments are closed.

Zurück zum Anfang